Christian der Jüngere, Herzog von Braunschweig
Christian der Jüngere, Herzog von Braunschweig, Heerführer im dreissigjährigen Krieg.
Geb. 20. Sept. 1599, gest. 16. Juni 1626.
Christian der Jüngere, als dritter Sohn des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig- Wolfenbüttel und dessen Gemahlin Elisabeth von Dänemark am 20. September 1599 auf dem bischöflichen Residenzschloss zu Gröningen im damaligen Stift Halberstadt geboren, wurde im Jahre 1616 zum Administrator dieses Stiftes und im folgenden Jahr zum Dompropst in Braunschweig gewählt. Aber sein lebhafter Geist fand an dem ruhigen Genuss dieser Pfründen wenig Behagen, weshalb er bald sein Vaterland verliess und in den Niederlanden unter Moritz von Oranien (Prins Maurits) gegen die Spanier diente.
Die viel gerühmte Schönheit der Gemahlin*) des flüchtigen Kurfürsten Friederich V. von der Pfalz, „Winterkönig“, der am Weissen Berg bei Prag 1620 eine so entscheidende Niederlage erlitten hatte, scheint den ritterlichen und tatendurstigen Herzog hauptsächlich bewogen zu haben, als Kämpfer für Friedrichs Sache aufzutreten. Im Spätherbst des Jahres 1621 brach er an der Spitze einer rasch angeworbenen Söldnerschar ins Kurmainzische ein und wandte sich, nachdem er von dort vergeblich in Hessen- Darmstadt vorzudringen versucht hatte, den reichen Bistümern Westfalens zu.
*) Elisabeth Stuart, einzige Tochter des englischen, schottischen und irischen Königs Jakob I., Sohn von Maria Stuart und Henry Stewart (Lord Darnley).
Besonders hatte er es bei seinen Streifzügen auf die Plünderung der katholischen Kirchen und Klöster und auf die Brandschatzung der Geistlichkeit abgesehen. So liess er zu Paderborn die silbernen Statuen des heiligen Liborius und der zwölf Apostel zu Münzen einschmelzen, damit, wie er sagte, letztere ihrer Bestimmung gemäss in alle Welt wandern könnten. Diese Münzen enthielten auf der einen Seite die Inschrift »Tout avec Dieu«, auf der andern nebst seinem Namen die Worte »Gottes Freund, der Pfaffen Feind«. Da er der Zügellosigkeit und Plünderungssucht seiner Truppen keine Schranken setzte, so brachte er deren Zahl bald auf eine ansehnliche Höhe, war aber vom Freund fast ebenso gefürchtet wie vom Feind.
Obwohl von dem bayerischen Feldherrn Tilly bei Höchst am Main am 20. Juni 1622 fast bis zur Vernichtung geschlagen, vermochte er dennoch in kurzem wieder ein Heer zu sammeln und, was er schon längst erstrebt hatte, sich mit dem Grafen Ernst von Mansfeld, den er sich zum Vorbild genommen zu haben scheint, zu vereinigen. Beide wurden jedoch bald darauf vom Kurfürsten Friedrich im Elsass förmlich verabschiedet und begaben sich nun nach vergeblichen anderweitigen Bemühungen in holländische Kriegsdienste. Heldenmütig erkämpften sie am 29. August 1622 bei Fleurus, wo Christian den linken Arm verlor, den Durchzug nach Belgien und entsetzten die Festung Bergen op Zoom.
Im Jahre 1623 erschien der Herzog wiederum in Niedersachsen und rüstete auf Kosten seines Bistums Halberstadt gewaltig, wurde aber am 6. August bei Stadtlohn an der Berkel, wo ihn Tilly zur Schlacht nötigte, so gründlich geschlagen, dass er bald nach Holland zurückkehren musste. Von da ging er im November 1624 nach England, um Jakob I. zur Unterstützung des Statthalters Moritz von Oranien zu veranlassen, und wurde dort mit dem Hosenbandorden belehnt. Zuletzt trat er in den Sold König Christian IV. von Dänemark, der gegen Tilly zu Felde lag.
Von seinem Bruder, dem Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig, der sein verödetes Land verlassen hatte, zum Stellvertreter in der Regierung ernannt, betrieb er im Winter 1626 mit aller Energie die Vorbereitungen zu einem neuen Feldzug und führte manchen glücklichen Schlag gegen die Tillyschen Scharen. Aber seine Kräfte gingen zur Neige. Von Anstrengungen und Wunden erschöpft, starb er am 16. Juni 1626 zu Wolfenbüttel und wurde in der dortigen Marienkirche beigesetzt.
Gross und heldenmässig von Gestalt, gehörte Christian zu jenen ausserordentlichen Charakteren, die in allen Dingen das Mass überschreiten. Sein eigentliches Element war der Krieg. Wie er das Leben und seine Güter selbst gering schätzte, so nahm er auch keine Rücksicht auf den Besitz und die Rechte anderer. Die Mitwelt hat ihn darum auch sehr ungünstig beurteilt, und erst die neuere Geschichtsschreibung lässt wenigstens seinem kühnen Mut Gerechtigkeit widerfahren.
Stich von W. J. Delff nach dem Gemälde von M. J. Mierevelt.
Quelle: Das Zeitalter des Dreissigjährigen Krieges (1600-1670). Allgemeines historisches Portraitwerk. München 1895. Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft vormals Friedrich Bruckmann. Nach den besten gleichzeitigen Originalen nach Auswahl von Dr. Woldemar von Seidlitz mit biografischen Daten von Dr. H. Tillmann und Dr. H. A. Lier.
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