Georg Reichsfreiherr von Derfflinger, 17. Jahrhundert.
Georg Reichsfreiherr von Derfflinger, brandenburgischer Generalfeldmarschall.
Geb. 10. März 1606, gest. 4. Febr. 1695.
Georg von Derfflinger, im Dorf Neuhofen in Oberösterreich am 10. März 1606 als Sohn eines armen protestantischen Bauern geboren, wanderte mit seinen Eltern während der Unruhen kurz vor Ausbruch des dreissigjährigen Krieges nach Böhmen aus, wo er 1620 in das Heer des Grafen Thurn eintrat und am 8. November in der Schlacht am Weissen Berge mit kämpfte. Hierauf stand er im Solde des Fürsten Bethlen Gabor von Siebenbürgen und begab sich später nach der Landung Gustav Adolfs in schwedische Dienste. Im Jahre 1635 zum Oberstlieutenant befördert, zeichnete er sich nicht nur im Krieg als Reiterführer durch kühne Handstreiche aus, sondern erwies sich auch zu diplomatischen Missionen geeignet. So entledigte er sich 1642 des ihm vom schwedischen Feldherrn Torstenson gewordenen Auftrags, den Fürsten von Siebenbürgen Georg Ragoczy zum Anschluss an die Verbündeten zu bewegen, mit grossem Geschick und wurde hierauf dazu ausersehen, der Königin Christine die Botschaft vom Siege bei Breitenfeld zu überbringen, wofür er zum Generalmajor ernannt wurde.
Nach dem Westfälischen Friedenschluss nahm Derftlinger seine Entlassung und zog sich in die Heimat seiner Frau auf das Gut Gusow in der Mark Brandenburg zurück, welches er sehr rationell bewirtschaftete. Da rief ihn im Jahre 1654 der grosse Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg als Generalmajor der Reiterei in seine Dienste. Schon 1656 wurde er zur Anerkennung seiner hervorragenden Leistungen in der dreitägigen Schlacht bei Warschau zum Generallieutenant befördert. Derfflinger avancierte nun rasch weiter. 1657 zum wirklichen geheimen Kriegsrat und im folgenden Jahre zum Generalfeldzeugmeister ernannt, begleitete er den Kurfürsten bis 1660 auf dessen Feldzügen gegen die Schweden, blieb aber auch in der Friedenszeit in enger Verbindung mit seinem Gebieter, der ihm 1670 mit der Würde eines Generalfeldmarschalls die Leitung des gesamten Kriegswesens übertrug und auch den Kaiser bestimmte, ihn 1674 in den Reichsfreiherrnstand zu erheben.
Als im Jahre 1675 die Schweden in Brandenburg einfielen, bemächtigte sich Derfflinger in der Nacht des 15. Juni mit bewundernswerter Kühnheit der vom Feind besetzten Stadt Rathenow und bahnte dadurch dem Kurfürsten den Weg zu dem berühmten Sieg bei Fehrbellin am 18. Juni (Jagd über das Kurische Haff), den er durch das wirksame Eingreifen seiner Artillerie wesentlich mit entscheiden half. Im folgenden Jahr leitete er die Belagerung von Stettin und wurde nach dessen Kapitulation Obergouverneur der Pommerschen Festungen und 1678 Statthalter von Hinterpommern und Kammin.
Trotz seines vorgerückten Alters beteiligte sich Derfllinger an der Eroberung der Insel Rügen, nahm Stralsund und Greifswald und machte sogar den beschwerlichen Winterfeldzug gegen Schweden mit, den der Sieg bei Tilsit am 20. Januar 1679 zu Ende führte. Noch einmal zog der betagte Feldherr 1690, zwei Jahre nach dem Tode des grossen Kurfürsten, gegen die Franzosen ins Feld und verlebte dann den Rest seines Lebens in Gusow, wo er im Alter von 89 Jahren am 4. Februar 1695 an Altersschwäche starb. Seine Gebeine wurden in der von ihm erbauten dortigen Kirche beigesetzt.
Derfflinger war nicht nur einer der bedeutendsten Reiterführer seiner Zeit, sondern gehört auch zu den Begründern der preussischen Militärmacht. Ihm gebührt namentlich das Verdienst, die Artillerie ausgebildet zu haben. Er scheute vor keiner Gefahr zurück und focht stets persönlich an der Spitze seiner Reiter. Den Mangel an Schulbildung ersetzte er durch scharfen Verstand und praktische Lebensklugheit. In seinem Privatleben zeichnete ihn eine schlichte Frömmigkeit und massvolle Sparsamkeit aus.
Stich von J. Hainzelmann.
Quelle: Das Zeitalter des Dreissigjährigen Krieges (1600-1670). Allgemeines historisches Portraitwerk. München 1895. Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft vormals Friedrich Bruckmann. Nach den besten gleichzeitigen Originalen nach Auswahl von Dr. Woldemar von Seidlitz mit biografischen Daten von Dr. H. Tillmann und Dr. H. A. Lier.
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