Kavallerist aus der zweiten Hälfte des 17. Jhs. mit Zischägge., z. T. mit Originalausrüstung.
Kavallerist aus der zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts.
Zum Teil mit Originalausrüstung.
Der Helm ist die geschwärzte eiserne, mit geschobenem Nackenschutze, beweglichen Backenklappen, Augenschirm mit verstellbarem Naseneisen, sowie zwei Flügeln aus durchbrochenem Eisenblech versehene Reiterkappe, die Zischägge. Das kurze, ebenfalls geschwärzte Brust- und Rückenstück ist über einen Lederkoller mit langen Ärmeln und Schössen und breitem, leinenem Umlegekragen geschnallt. Die Hände sind mit spitzenbesetzten Lederhandschuhen bedeckt.
Die Beine schützen hohe Lederstiefel mit weiten Stulpen. Die Sporen haben kleine Räder an kurzem Halse bei sehr geschwungenem Bügel; Sporenleder über dem Riste.
Der Degen hängt an einem über die rechte Schulter laufenden Bandelier; Kugelbeutel und Pulverflasche werden über der linken Schulter auf der rechten Seite am Riemen getragen. Die rechte Hand hält eine Pistole mit Feuersteinschloss.
Die Zischägge
Die Zischägge oder Pappenheimer-Helm, war ein Reiterhelmtyp der im 17. Jahrhundert weit verbreitet war. Er wurde in Europa, insbesondere bei der Kavallerie und bei Offizieren ab ca. 1600 populär. Der typische Kavallerist dieser Zeit, der Harquebusier, trug den Helm zusammen mit einem Mantel, einem Stulpenhandschuh und einem Brust- und Rückenpanzer.
Dabei handelte sich um eine Variante des Szyszak-Helms (shishak, çiçak), der von den Kavallerietruppen des Osmanischen Reichs und Moskaus sowie von den schweren Kavallerietruppen der Polnisch-Litauischen Konföderation, den Geflügelten Husaren, die bereits çiçak-Helme trugen die sie ihren türkisch-tartarischen Feinden abgenommen hatten, in Gebrauch war. Die um die Wende zum 17. Jahrhundert in Sachsen hergestellten Exemplare waren häufig, wie die zeitgenössischen türkisch-polnischen çiçaks, mit zum Schirm gefalteten Metallflügeln verziert.
Die Zischägge besteht aus einer halbkugelförmigen Mütze, die vorne in einen geraden Schirm übergeht, der dem einer modernen Mütze sehr ähnlich ist, und hinten in einem ausgeprägten Nackenschutz endet. Große dreieckige Wangenklappen, die von den Ohren (das Blech wurde absichtlich durch drei bis sieben Löcher geöffnet, um dem Träger ein Minimum an Gehör zu garantieren) zum Kinn hin abfallend. Bei einigen Exemplaren fehlten jedoch die Wangenpolster.
Während des Dreißigjährigen Krieges begannen europäische (vor allem deutsche) Waffenschmiede mit der Herstellung von Helmen nach osmanischem Vorbild, wobei als einzige Variante eine halbkugelförmige und nicht mehr wie beim östlichen Modell eine konische Schädeldecke eingeführt wurde. Gleichzeitig wurden die anderen Helmtypen, die von deutschen, englischen, französischen usw. Rittern verwendet wurden, wie der Burgunder, der Morion und die Bigoncia, nach dem Vorbild des türkischen çiçak modifiziert.
Im Polnischen wird die Zischägge als „Pappenheimer“ bezeichnet. Diese Definition deutet darauf hin, dass die in Deutschland hergestellten Zischäggen, zumindest die, die von den Kürassieren von Gottfried Heinrich, Graf von Pappenheim, dem in der Schlacht von Lützen (1632) gefallenen Führer des Heiligen Römischen Reiches (Deutscher Nation), benutzt wurden, bereits die letzte Linie des englischen „lobster-tailed pot“ oder auch „three-barred pot“ hatten.
Das Schicksal des „lobster-tailed pot’s“ ist untrennbar mit dem Englischen Bürgerkrieg verbunden, in dem sie an die Kavallerie beider Seiten ausgegeben wurden. Als wesentlicher Bestandteil der Ausrüstung der Harquebusier, der mit Arkebuse (die früheste Art von Karabiner) bewaffneten leichten Kavallerietruppen, gehörte sie auch zur Ausrüstung von Oliver Cromwells Ironsides und Arthur Haselrigs Londoner Hummern. Richter John Bradshaw, der das Todesurteil gegen Karl I. von England verkündete, trug während des Prozesses gegen den englischen Herrscher aus Angst um seine eigene Sicherheit das Harquebusier unter seiner üblichen Richterkopfbedeckung.
Die Zischägge war zur Zeit des Großen Türkenkriegs bei den Waffenschmieden der Habsburger in Österreich und Bayern noch weit verbreitet. Im späten 17. Jahrhundert kam der Helm in den meisten europäischen Ländern allmählich ausser Gebrauch; die österreichische schwere Kavallerie behielt ihn jedoch bis in die 1780er Jahre für einige Feldzüge bei.
Quelle: Ritter und Soldaten von der Antike bis zur Neuzeit. Die Waffensammlung des Karl Gimbel.
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