Trachten des französischen Adels im 14. Jahrhundert
EUROPA MITTELALTER .
TRACHTEN DES FRANZÖSISCHEN ADELS. 1364-1461.
Während der Regierung des Königs Karl V. von Frankreich (1364-1380) nahm die Tracht einen strengeren Charakter an. Die ausgezackten Borten und Ärmel, die unter der Regierung Johanns des Guten in der Mode waren, die buntscheckigen Stoffe, die Beinbekleidungen von zweierlei Farbe verschwanden. Die reiche Anwendung des Pelzes drückte der Tracht den Charakter auf. Daneben nahm der Geschmack für Juwelen- und Goldschmuck zu. Die Kleidungsstücke waren mit Pelz besetzt und gefüttert oder ganz aus Pelz gearbeitet. Unter Karl VI. und VII. stieg der Luxus, der mit Pelzen getrieben wurde, immer mehr, und obwohl den Bürgern durch Gesetze verboten wurde, Grauwerk und Hermelin zu tragen, war der Verbrauch doch ein so starker, dass man sich gegen das Ende des 15. Jahrhunderts genötigt sah, auf Pelzwerk zu verzichten, da die Wälder den Bedarf nicht mehr decken konnten. Als Nordamerikas Tierreichtum ausgebeutet wurde, kam der Pelz wieder in Mode. Man trug im 14. und 15. Jahrhundert Pelz zu allen Jahreszeiten, und je nach der steigenden Kälte trug man mehrere Pelze über einander.
Die Frauen trugen vollständige Leibchen aus Hermelin (Nr. 2, 10), die ihrer Kostbarkeit wegen von der Mutter auf die Tochter vererbt wurden. Obwohl die Kleider ziemlich tief ausgeschnitten waren, vermieden es die Frauen, Weisszeug zu zeigen. (Hemden wurden im Mittelalter nicht getragen.) Nur der Schleier war aus feinem Musselin. Die Kopfbedeckungen der Frauen bestanden aus einfachen goldenen Stirnreifen, aus Kronen und den hohen Hauben, den sogenannten Hennins. Die Haare wurden vom Nacken ab in der Mitte gescheitelt und vorn in zwei Flechten gebunden, die man über den Ohren herabhängen liess. Die Kronen, welche das Haar festhielten, waren mit Edelsteinen geschmückt. Später vergrösserte man diese Flechten, schlang sie um das Ohr herum und befestigte sie hinten am Nacken.
Die männliche Tracht dieser Epochen bewegte sich in geschmacklosen Übertreibungen und bizarren modischen Auswüchsen. Die hauptsächlichen Neuerungen waren die Housse, ein faltiges weites Obergewand, welches vorn und hinten ganz geschlossen war, oben nur einen Ausschnitt zum Durchstecken des Halses und an den Seiten Schlitze für die Arme hatte (Nr. 6), die Mahoîtres, Schulterwülste zur Verbreiterung der Schultern, das kurze Wams mit Falten an dem knappen Schosse und der Hut, Das Wams war mit einem Gurt um die Taille zusammengeschnürt. Der kurze Schoss bedeckte kaum die Hüften. Eng anschliessend waren auch die Beinkleider, zu welchen man spitze Schnabelschuhe trug. Um 1430 war die Blütezeit dieser Tracht.
Seit dem Ende des XIII. Jahrhunderts trug man weiche Filzhüte mit aufgekrempten Rändern, die bisweilen vorn in einer Spitze ausliefen uud mit Bändern unter dem Kinn befestigt wurden. Man setzte sie über eine Kappe. Die Hüte wurden mit Perlen, Juwelen und Federn geschmückt. Man machte die Hüte auch aus Pelz, Seide, Wolle und Goldbrokat. Nr. 1 trägt einen Hut, der eine ganz moderne Form hat. Die Mode der Schnabelschuhe nahm im Laufe des 15. Jahrhunderts ab. Ihr Höhepunkt war von 1370-1390. Die Männer trugen wenig oder gar keinen Bart und die Haare kurz geschnitten.
Bild oben: 1, 2, 3, 4, 5.
Unten: 6, 7, 8, 9, 10, 11.
Nr. 3. – Johanna von Bourbon, Frau Karl V. Sie trägt eine sogenannte cotehardie (tief ausgeschnitten). Der blaue Samtstoff ist mit den Lilien von Frankreich gestickt, ebenso wie das Oberkleid aus demselben Stoffe von Nr. 4, Ludwig von Frankreich, Herzog von Anjou, König von Neapel (1339 – 1384).
Nr. 2. – Beatrice von Bourbon (1320 – 1383) trägt einen mit Hermelin besetzten Mantel und ein Leibchen von demselben Stoff. Der Schleier bedeckt die Schultern und ist in das Kleid hineingezogen. Er soll vielleicht an den Schleier der Witwe erinnern, da ihr Gemahl, Johann von Luxemburg (tschechisch Jan Lucemburský), König von Böhmen, 1345 in der Schlacht bei Crécy gefallen war.
Nr. 6. – Herzog von Bourbon, Grossschatzmeister von Frankreich. Er trägt die mit den französischen Lilien bestickte Housse und ein ziemlich langes Unterkleid mit einem Gürtel, der tief unter der Taille befestigt ist und wahrscheinlich ein Schwertgehänge bildet. Die Ärmel der Unterkleider reichen bis auf die Mitte der Hand. Mau nannte diese Verlängerung mouffle. Der Hut hat vorn einen spitzen Schirm. Man nannte deswegen diese Kopfbedeckung chapel à bec (Schnabelhüte). Der Hut ist mit einer goldenen Schnur und einer Feder geschmückt. Auf der Faust trägt der Herzog den Jagdfalken mit der Kappe.
Nr. 1 und 9. – Karl VII., König von Frankreich. Der merkwürdige Hut (Nr. 1) scheint von Samt zu sein und ist mit goldenen Schnüren besetzt. An dem Knopf, welcher das Wams am Hals zusammenhält, sind zwei Fuchsschwänze angebracht. Auf Nr. 9 erscheint der König in Reitertracht. Der runde Hut ist mit dem Kronenreifen geschmückt. Das mit Pelz gefütterte Wams zeigt zwar die mahoîtres, die Schulterwülste, aber einen längeren Schoss, als die Mode vorschrieb. Über den Beinkleidern trägt der König hohe Stiefeln, die von leichtem Leder oder von Tuch gefertigt wurden, mit hellen Aufschlägen. Man nannte sie heuses.
Nr. 8. Grossstallmeister eines Herzogs der Bretagne unter Karl VII. Er ist ein Muster höchster Eleganz. In der Linken trägt er das Schwert seines Herrn, in der Rechten den Hut, den man über die Kappe setzte, in Gegenwart von höher Gestellten aber abnahm.
Nr. 5. – Maria von Anjou, Frau von Karl VII. Sie trägt ein vorn zusammengeschnürtes Leibchen. Durch die Schnüre sieht man das Unterkleid. Am Gürtel schloss sich das Leibchen wieder zusammen. Die Haube ist ein Hennin mit abgeplattetem Horn von bescheidenem Umfang. Er ist schwarz und mit Goldborte besetzt. Der Schleier, den man damals trug, hiess mollequin.
Nr. 7 und 10. – Isabella Stuart, zweite Frau Franz I., Herzogs von Bretagne, und Marie von Berri, Frau Johannes I., Herzogs von Burgund, (Regierung Karl VII.) in feierlicher Hoftracht. Bei Nr. 7 hängen von dem Hermelinleibchen bis auf die Erde lange Ärmel von gleichem Pelz herab. Auch das mit Lilien gestickte Unterkleid ist mit einem breiten Hermelinbesatz am unteren Saum versehen. Bei Nr. 7 hat das Leibchen, das nur mit breiten Hermelinstreifen besetzt ist, eine längere Taille. Das Unterkeid zeigt auf gelbem Grund das Wappentier der Dame, den Farben des Wappens entsprechend. Der Stoff der Ober- und Unterbeinkleider war bis gegen 1480 Seide.
(Nach Malereien im Cabinet des Estampes in der National-Bibliothek in Paris.)
Quelle: Geschichte des Kostüms in chronologischer Entwicklung von Auguste Racinet. Bearbeitet von Adolf Rosenberg. Berlin 1888.
Weiterführend:
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!