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Pompeji. Typus der griechisch-römischen Wohnung.

GRIECHISCH-RÖMISCHES.

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Das Pompejanische Haus.

DAS POMPEJANISCHE HAUS. DAS ATRIUM. (RESTAURATION VON JULES BOUCHET) PLAN UND DURCHSCHNITT DES HAUSES DES PANSA.

Pompeji.

Das Römische Haus zeigt fast immer denselben Grundriss; Verschiedenheiten ergeben sich nur in der Grösse, in der Zahl und Verteilung der Räume. Die beiden Hauptteile sind stets das Atrium oder Cavaedium, der Vorsaal für den Verkehr nach aussen hin, und das Peristyl (lateinisch peristylium), der Gynaeconitis (Frauentrakt, lat. Gynaeceum oder Gynoeceum) der Griechen entsprechend, für das interne Leben. Das Tablinum, nach beiden Seiten hin offen, bildet das Mittelglied.

Das Pompejanische Haus verband meist den Charakter der Privatwohnung mit dem des Mietshauses. In dieser Handelsstadt suchte man an seinem Eigentum zugleich einen gewissen Zins zu ziehen, daher das Prinzip der nach der Strasse zu offenen Tavernae, die man an kleine Händler vermietete, und der darüber liegenden Kammern, die man an inquilini (Mieter) abtrat. Naturgemäss wurde durch dieses System die Privatwohnung des Eigentümers ausserordentlich eingeengt.

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Plan des Hauses des Pansa.

Die Tavernae waren meist Thermopoleis, bessere Weinstuben für warme Getränke, Oenopoleis, geringere Kneipen, oder Popinae, Garküchen. Sie hatten alle keinen Zugang nach dem Inneren des Hauses hin; wenn der Eigentümer nicht selbst Inhaber eines solchen Ladens war.

Die Fassade war ausserordentlich einfach gehalten. In zwei, selten drei Stockwerken sich aufbauend, zeigte sie nur einige wenige Öffnungen in den oberen Etagen oder ein paar bedeckte Galerien. Das flache Dach bildete das Solarium, eine Art Terrasse, der man durch ausgespannte Velarien *) Schatten zu verleihen suchte.
*) Ein Velarium („Vorhang“) war eine Art Markise, die in römischer Zeit verwendet wurde. Die Hauptaufgabe des Velariums bestand darin, einen Belüftungsaufwind zu erzeugen, der für Luftzirkulation und eine kühle Brise sorgte.

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Restaurierter Durchschnitt des Hauses des Pansa. nach Léveil. Aus den „Monuments anciens et modernes“ von Gailhabaud.

Als Baumaterial diente Lava, Tuff, Peperin, Travertin und Marmor. Mit besonderer Vorliebe wandte man überall bemalten Stuck an. Der beste Typus der griechisch-römischen Wohnung, wie sie dem pompejanischen Geschmack am meisten zusagte, ist das Haus des Pansa, 1811-1814 aufgedeckt. Das durch dieses eine Haus gebildete Viertel ging mit seiner Hauptfront nach der Strasse der Fortuna hinaus. Hier befanden sich sechs Butiken, von denen die eine (Nr. 25) mit dem Inneren in Verbindung steht, während im Übrigen nur ein schmaler Zugang (Nr. 1) frei bleibt.

Nr. 1 – Ostium oder Prothyrum. Das Prothyrum, das Vestibül des römischen Hauses in Pompej, ist hier ein schmaler Korridor, der dem Ostiarius, dem Türhüter als Aufenthalt diente. Die Kammer desselben befand sich wahrscheinlich rechts hinter dem Prothyrum.

Nr. 2. – Atrium. Man gelangte in dasselbe direkt durch das Ostium. Es war ein bedeckter Hof mit einer Luft- und Lichtöffnung in der Mitte des Daches, der ein Bassin für die Aufnahme des Regenwassers entsprach. Das Atrium im Hause des Pansa (Nr. 2) ist nach Bouchets Restauration ein Tetrastylum mit nach der Mitte zu geneigtem Dach, welches von vier Säulen gestützt wird. Es diente ursprünglich als Versammlungsraum der Familie, bis das intime Leben sich in das Peristyl zurückzog. Das Tablinum (Nr. 3) gehört mehr zum Atrium als zum Peristyl. Es enthielt anfangs das Familienarchiv, später benutzte man es als Speisezimmer und es war durch Vorhänge verschliessbar. Wollte man das Passieren dieses Raumes vermeiden, so ging man durch den schmalen Corridor (Nr. 7) vom Atrium nach dem Peristyl. (Nr. 17 dient ebenso als Durchgang vom Peristyl nach dem Garten). Die Kammer (Nr. 8) wird als Aufenthaltsort des Atriensis *), des Sklaven bezeichnet, dem die besondere Aufsicht über das Atrium anvertraut war.

*) Der Haushofmeister, der die ganze Wirtschaft führte.

Nr. 6 war die Bibliothek; Nr. 4 waren Empfangszimmer (Alae) für Besucher und Klienten. Die übrigen um das Atrium gruppierten Räume (Nr. 5) dienten als Gästezimmer und als Kammern für die Sklaven. Nr. 10 ist ein Seitenausgang nach der Strasse zu.

Nr. 3. – Peristylium.
Das Peristylium war ein offener, auf allen Seiten von durchgehenden Säulenhallen umgebener rechteckiger Hof mit Blumenbeeten, einer Fontäne und einem Regenbassin ausgestattet.

Das Bassin, die Piscnia, im Hause des Pansa ist ungefähr 2 m tief und war an der Innenseite bemalt. In der Mitte findet sich eine Art Piedestal (Postament). Die Kammern (Nr. 11) waren die Schlafzimmer der Familie. Nr. 13 enthält das Triclinium und Nr. 12 diente als Servierraum.

Nr. 15. – Oecus oder kyzikenischer Saal (von Kyzikos, einer antiken Stadt in Mysien). Dieser dem griechischen Hause entlehnte repräsentative Raum diente zum Empfang von Gästen und als Festsaal für den Sommer. Vor demselben liegt nach dem Garten zu ein Portikus (Nr. 16), zu dem der besondere Durchgang (Nr. 17) führt. Nr. 14 ist das Lararium oder Sacrarium, die Kapelle der Hausgötter, und Nr. 18 eine Art Boudoir, in dem man seine Siesta hielt. Nr. 21 dient als Aufenthaltsort der Sklaven und hat demgemäss eine besondere Verbindung mit der Strasse. Nr. 20 enthält die Küche und die dazugehörigen Nebenräume, das Horreum, das Olearium, die Cellae vinariae und das Carnarium.

Nr. 22-29 sind die oben erwähnten Boutiquen, von denen Nr. 22 und 23 besondere Treppenaufgänge zur Privatwohnung des Händlers enthalten.

Nr. 19 und 30 sind getrennt vermietete Logis.

In Pompeji diente überall, auch in den geringsten Häusern, als Fassboden eine Art Mosaik, aus grauer Lava und Marmor zusammengesetzt, das in einen dem roten Granit ähnlichen Mörtel eingelassen wurde (Opus signinum). Durch Hinzufügung anderer farbiger Steine bildete man dann alle möglichen Ornamente, Arabesken und Figuren. Was die Dekoration der Wandflächen anbetrifft, so hielt man den Sockel dunkel, den Fries hell, die Mittelflächen in lebhaften Farben, rot oder gelb. Sockel und Fries wurden anfangs mit Linearornamenten, dann mit Arabesken und Festons bedeckt. Die Wandflächen wurden mit direkt aufgetragenen oder eingelassenen Gemälden geschmückt.

Der Grundriss des Hauses des Pansa vom Architekten Paul Benard.
Die Restauration des Durchschnitts nach Léveil.
Die Restauration des Atriums nach Jules Bouchet.
Das Mosaik des Fussbodens mit dem Cave canem befindet sich im sogenannten Haus des Homer.
Aquarell von dem Architekten Hoffbauer.

Vgl. Ch. Fr. Masois, Les Ruines de Pompéi, Paris, 1812-1838. – Derselbe, La Maison de Scaurus. – Faust und Fel. Nicolini, Le Case ed i monumenti di Pompei, Neapel, 1854. Raoul-Rochette, Peintures antiques inédites, Paris, 1836. Roux aîné und Barré, Herculanum et Pompei, Paris, 1837-1840. J. Gailhabaud, Monuments anciens et modernes, 1850. – Johannes Adolf Overbeck, Pompeji in seinen Gebäuden, Altertümern und Kunstwerken, Leipzig, 1884.

Quelle: Geschichte des Kostüms in chronologischer Entwicklung von Auguste Racinet. Herausgegeben von Adolf Rosenberg. Berlin 1888.

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