, , , , , ,

Artillerie, verschiedene Waffen. Mittelalter. Frankreich, 15. Jh.

Artillerie, Mittelalter, Frankreich, Soldaten, Garde du Corps
MITTELALTER. FRANKREICH, XV. JAHRHUNDERT. ARTILLERIE. VERSCHIEDENE WAFFEN. GROSSE UND KLEINE GARDE DU CORPS DES KÖNIGS.

Artillerie, verschiedene Waffen. Grosse und kleine Garde du Corps des Königs.

Mittelalter. Frankreich, 15. Jahrhundert.

1 2
3 4 5 6
7 8 9 10

Das Schiesspulver, im dreizehnten Jahrhundert erfunden, wurde zunächst für Kanonen und Bombarden, im vierzehnten Jahrhundert von den Venetianern für Bombardellen oder Handcoulevrinen (kleine Feldschlangen), im fünfzehnten von den Deutschen für Arkebusen und Musketen mit Luntenschloss, von den Italienern für Bombenmörser und Minen verwandt. Der Name artillier oder artilleur ist älter als das Schiesspulver und wurde für die Verfertiger der Kriegsmaschinen überhaupt gebraucht. Tatsächlich war diese Zeit durch eine sehr große Vielfalt von Waffen gekennzeichnet. Das mittelalterliche Vokabular der Artillerie bleibt oft unpräzise und erschwert die Durchführung einer strengen Klassifizierung für das gesamte 14. und frühe 15. Jahrhundert.

Während der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts waren die Kanonen von kleinem Kaliber; sie schossen eine Art Bolzen, deren Schaft durch eine runde Lederscheibe in der Richtung der Achse des Rohres gehalten wurde.

Gegen Mitte des XIV. Jahrhunderts macht man einen Unterschied zwischen kleinen und grossen Kanonen. Die Bombarden, aus Eisenstäben, die durch Ringe zusammmengeschlossen waren, bestehend, schleuderten Stein-, Bronze- oder Bleikugeln. Die Kanonen, welche die Engländer zum ersten Male in der Schlacht bei Crécy 1346 im freien Felde anwendeten, schossen nur Bolzen. Die Geschützröhre waren hinten und vorn offen; die Ladung befand sich in einer besonderen Kammer, die man anschraubte.

Die Bezeichnungen grosse Kanone und Bombarde werden meist unterschiedslos angewandt; doch scheint man unter Bombarde meist ein kurzes mörserartiges Geschoss verstanden zu haben, dessen Schuss eine Bogenlinie beschrieb. Für die Geschütze kleineren Kalibers finden sich im 15. Jahrhundert die Bezeichnungen: Veuglaire, crapeaudeau, crapaudins, couleuvre (couleuvrine), serpentine noms de nases, ribauquins. Als Projektile dienten anfangs Steinkugeln, bis 90 kg schwer; für kleineres Kaliber bestanden sie aus Blei, höchtens 3 Pfd. schwer. Die Bombarden und Standgeschütze ruhten in einem festen Lager, die Veuglairen auf einer Art Laffette mit Rädern. Unter Ludwig XI. fing man an, die Geschosse aus Gusseisen herzustellen, das Geschützrohr aus Bronze. Zu derselben Zeit erfand man den Schildzapfen, der eine festere Verbindung der Kanone mit der Laffette ermöglichte.

Unter den Handfeuerwaffen ist die Handkanone, ein kurzes Rohr mit Holz- oder Eisenkolben (der Reiter legte sie auf eine am Sattelbogen befestigte Gabel auf) und die Handcoulevrine zu erwähnen (die letztere schoss Bolzen). Das Kugelgeschütz gehört eigentlich nicht hierher; es war eine Vereinigung mehrerer Rohre auf einem Gestell. Die Italiener nannten diese Geschütze moschetti, daher der Name Muskete.

Die Artilleristen und Coulevriniers unserer Tafel sind den Monuments de la monarchie française von Montfaucon, den Handschriften des Froissart und Monstrelet und den Tapisserieen von Reims entnommen. Die Tracht gehört der Zeit Karls VII. an.
Die eigentliche Bedeutung der Feuerwaffen entwickelt sich in Frankreich erst von der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts an und zwar vorzugsweise innerhalb der städtischen Milizen und Bürgerwehren.

Nr. 9 u. 10. – Armbrustschütze und Reiter der grand‘ garde du corps des Königs Karls VII.
Die Sergent d’Armes oder Sergents à Masse, die Leibgarde Philipp Augusts, bestand bis zur Regierung Karls VII. Als sie die Keule als Waffe aufgaben und dafür den Bogen annahmen, hiessen sie Archers, Der Crénequinier (Nr. 9) war ein Armbrustschütze zu Pferde, der Lancier (Nr. 10) führte als Hauptwaffe die Lanze.
Bei seinem Einzuge in Rouen 1449 war Karl VII. von dieser einen Leibwache umgeben. Sie trug die goldene Sonne, die Devise des Königs, und das nationale Abzeichen, das weisse Kreuz.

Nr. 6 u. 7. – Bogen- und Armbrustschütze.
Die Institution der Freischützen (francs-archers) datiert seit 1448. Es gab unter ihnen, seitdem die Armbrust die Hauptwaffe der Soldtruppen geworden war, auch Armbrustschützen.
Die Armbrust wurde durch eine Winde gespannt, indem man den rechten Fuss in den am Ende der Waffe angebrachten Steigbügel setzte. Diese Winde scheint an Stelle des übrigens noch im XV. Jahrhundert üblichen Gaisfusses getreten zu sein. Die Bolzen befanden sich in einem mit Leder überzogenen Köcher. Die Schützen trugen anfangs die Brigantine; Ludwig XI. gestattete ihnen, um die Beweglichkeit zu erhöhen, nur noch das Steppwams, jacquet.
Die Salade, Schwert und Dolch machten ihre sonstige Armierung aus. Seit 1480 traten an Stelle der francs-archers die deutschen und schweizerischen Söldnertruppen (Reisläufer, Landsknechte).

Nr. 8. – Der Coustillier, Guisarmier oder Satellite.
Der Coustillier ist stets im Gefolge des Homme d’Armes (Waffenknecht). Er führt seinen Namen von dem Coustel à plates, einem breiten zweischneidigen Messer. Seine Hauptwaffe ist die vouge, eine Art sichelförmiger Hellebarde. Er trägt eine Salade ohne Visier, einen Halsberg und ein Steppwams. Die Beine sind ungeschützt; der Sporn an den Schnabelschuhen scheint auf einem Irrtum zu beruhen. Der kurze Säbel mit krummer Klinge ist auf die zu dieser Zeit wirkenden orientalischen Einflüsse zurückzuführen. Im übrigen ist die Ausstattung der damaligen Truppen eine ausserordentlich ungleichmässige. Nur in der Farbe des Rockes herrscht eine gewisse Übereinstimmung.

Nr. 3, 4 u. 5.
Der Reiter auf dem Pferde ohne alle Schutzdecken (Nr. 5) gehört jener leichten Kavallerie an, die allmählich eine Umwälzung in der ganzen Taktik herbeiführte.
Die Streitaxt (Nr. 4) mit ihrer Spitze in der Mitte zweier Schneiden nähert sich in der Form der Hellebarde. Mit einem langen Stiel versehen, war sie die Waffe des Fusssoldaten; als kurzstielige Sattelaxt hängt sie am Sattelbogen des Reiters. Während des XIII. und XIV. Jahrhunderts war die letztere Form bei Stürmen auf befestigte Plätze die gebräuchlichere, im XV. Jahrhundert gab man der ersteren den Vorzug; man nannte sie Couteau de Brèche. Man versah sie mit einem scheibenförmigen Handschutz und fügte auf der andern Seite der Schneide einen ausgezahnten Hammer oder einen Haken hinzu.

Am Ende des Hundertjährigen Krieges, unter der Herrschaft von Karl VII., endete die Zeit der Erprobung und des Misserfolgs in der aufkommenden Artillerie mit bemerkenswerten Fortschritten der Brüder Gaspard und Jean Bureau. Gaspard Bureau, Lord von Montfermeil (gestorben 1469) war Ballistikexperte und Erfinder. Jean Bureau (geboren um 1390 – 1463) war Artilleriekommandant, der vor allem in den späteren Jahren des Hundertjährigen Krieges tätig war. Zusammen mit seinem Bruder Gaspard machte er die französische Artillerie zur effektivsten der damaligen Welt. Als Artilleriemeister in der Armee Karls VII. erwarb sich Jean Bureau während des normannischen Feldzugs (1449-1450) den Ruf eines effektiven Artillerieoffiziers, als seine Bombardierungen dazu beitrugen, die Städte Rouen, Harfleur und Honfleur zu erobern. Bureau führte die siegreiche französische Armee in der entscheidenden Schlacht von Castillon 1453 an.

Die Brüder Bureau wurden durch Innovationen bei der Herstellung von stärkerem Schießpulver in den späten 1420er Jahren unterstützt, dass Geschosse mit viel höherer Geschwindigkeit abfeuern konnte und nicht auf dem Feld gemischt werden musste. Gleichzeitig halfen Innovationen beim Gießen von Metall, stärkere Kanonenrohre zu schaffen die weniger explosionsgefährdet waren. Gaspard und John entwickelten die französische Feldartillerie, standardisierten ihr Kaliber und stellten sie von Schmiedeeisen auf Gusseisen um. Die Herstellung war unkomplizierter und zudem kostengünstiger. Trotz des hohen Zinnpreises zeigte sich schließlich die außergewöhnliche Qualität von Bronze. Dies verschaffte der französischen Armee einen entscheidenden Vorteil gegenüber den Engländern und trug dazu bei, den Hundertjährigen Krieg zu beenden.

Abbildungen nach de Noirmont und Marbot und den Chroniken des Froissart (Nationalbibliothek in Paris).
Vgl. Katalog des Musee d’artillerie von O. Penguilly L’Haridon; Viollet-le-Duc; Quicherat.

Quelle: Geschichte des Kostüms in chronologischer Entwicklung von Albert Charles Auguste Racinet. Bearbeitet von Adolf Rosenberg. Berlin 1888.

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar