Frau aus Bardowick im Festtagsanzug.
Bardowick (niedersächsisch/platt Bewick) ist eine Gemeinde im Landkreis Lüneburg und eines der ältesten Dörfer Niedersachsens. Die erste Erwähnung stammt aus dem Jahr 795, obwohl ihre Geschichte wahrscheinlich mehrere Jahrhunderte älter ist. 972 wurde sie von Otto I. zur Stadt erhoben. Sie lag an der damaligen Grenze zwischen den germanischen Franken und Sachsen auf dem linken Elbufer und den Slawen auf dem rechten Elbufer. Ihr Name leitet sich von den Longobarden ab, dem Volksstamm, für den sie Heimat und Zentrum war. Im Original heißen die Langobarden Bardi, ein Name, der an den Bardengau und Bardowick in der Elbregion erinnert. Von hier aus begann die Auswanderung und Kolonisierung Norditaliens mit der Gründung des Langobardenreiches unter ihrem arianischen König Alboin (526 – 572 oder 573).
Bardowick war im frühen Mittelalter von großer politischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Im Jahr 1189 wurde sie von Heinrich dem Löwen bis auf die Kirchen dem Erdboden gleichgemacht. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie die wohlhabendste Handelsstadt Norddeutschlands.
Die Bauerntrachten aus dem Gebiet der Niederelbe.
Frau aus Bardowick im Festtagsanzug. Mitte des 19. Jahrhunderts.
… Nach vieler Mühe ist es gelungen, von dieser schon ganz ausgestorbenen Tracht zwei volle Figuren, eine Braut und eine Frau im Festanzug, aufzustellen. Die letztere ist in Abb. 19 dargestellt. Sie trägt über dem Nieder- und dem Oberhemd einen Rumpf (Liefen). Der halbwollene rote Rock ist in enge Falten eingelesen, er wird, in deutlicher Nachwirkung der Empiretracht, mit sehr kurzer Taille fast unmittelbar unter der Brust getragen. Die Jacke (Jack) aus geblümtem Damast hat völlig den Schnitt der Jacken des Empire: weiten Brustausschnitt, kurze Taille, ganz kleine Schoßfalte, kurze Ärmel für den halben Oberarm, die am Rand mit einem Seidenbändchen besetzt sind.
Das „Halsdook“ besteht aus grüner Seide mit Blumenstickerei, die Schürze (Platen) aus geblümtem Kattun. Auf dem Kopfe trägt die Frau eine weißleinene, mit Brabanter Kante versehene Haube, die „Untermütze“, darüber die für diese Tracht besonders charakteristische Mütze, die „Plättenmütz“, die mit ihrem vorderen Stirnband eine innerhalb des Gesamtgebietes der deutschen Bauerntrachten sehr bemerkenswerte Erscheinung bildet, und neben der in der Alltagstracht eine kleine, nur über dem Haarknoten getragene Mütze, die „Knustmütz“ ohne Stirnband, gebräuchlich war.
Grünseidene, gestrickte, und dann mit Stickerei versehene Handschuhe (greune Staatshannschen) vollenden den Anzug, zu dem die an unserer Figur verwandten dunkelblauen Strümpfe und zugehörige Halbschuhe in Bardowick neu angefertigt sind.
Der sehr einfache Schmuck besteht aus einer silbernen Halskette (Keed) mit Filigranschloß und aus der Hemdenspange (Spann), deren schlichte Silberplatte mit einfachen Gravierungen versehen ist. In der farbigen Erscheinung, die wesentlich auf einem Zusammenklang von Grün und Rot beruht, zeigt der ganze Anzug eine Harmonie, die geradezu als mustergültig bezeichnet werden muß.
Er dürfte nach unseren Sammelerfahrungen wohl der letzte Anzug sein, der in dieser Art in Bardowick noch aufzuspüren war, denn seine einzelnen Teile haben nur mit der größten Mühe noch an den verschiedensten Stellen zusammengesucht werden können.
Dasselbe gilt von dem bereits genannten, ganz auf Schwarz und Weiß gestimmten Brautanzug. Der zugehörige Männeranzug, zu dessen Aufbau ebenfalls alle Vorbereitungen getroffen sind, hat noch nicht zusammengestellt werden können.
Quelle: Jahrbuch der hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten. Hamburg: Lucas Gräfe & Sillem, 1883.
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