Franz Napoleon Heigel. Bildnis seiner Schwester Henriette.
Franz Napoleon Heigel (1813-1888)
Bildnis seiner Schwester Henriette um 1835.
Franz Napoleon Heigel, ein Sohn Josef Heigels, wurde am 15. Mai 1813 in Paris geboren.
Der Künstler studierte in Paris bei Guérin *), dem er viel zu danken hatte. Die elegante freie Manier des großen Franzosen wußte Heigel geschickt nachzuahmen. Später setzte er seine Studien auf der Münchener Akademie fort. Nach verschiedenen Reisen in Deutschland und im Ausland ließ sich Franz Napoleon Heigel schließlich dauernd in München nieder.
Daß der Künstler bereits im Alter von 17 Jahren reife Leistungen zustande brachte, erfahren wir aus dem virtuos gemalten Selbstporträt des Meisters aus dem Jahre 1830. Auch das charakteristische Porträt eines vornehmen Türken ist für einen Achtzehnjährigen eine höchst respektable Leistung. Nicht minder interessante Arbeiten sind: das Porträt von Olga Nicolajewna, Königin von Württemberg und das Bild seiner Schwester Henriette.
*) Baron Pierre Narcisse Guérin 1774-1833, war ein französischer neoklassizistischer Maler, Schüler von Hughes Taraval und Nicolas Guy Brenet. Er war Mitglied der Académie des beaux-arts und Direktor der Villa Medici in Rom.
Franz Napoleon Heigel malte für die Familie Leuchtenberg eine große Anzahl von Miniaturen, u. a. den Herzog Maximilian von Leuchtenberg. Auch den Feldmarschall Fürsten Wrede malte der Künstler, der in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts zu den beliebtesten und geschätztesten Münchener Miniaturmalern zählte.
Heigel wurde von den bayerischen Königen Ludwig I. und II. vielbeschäftigt. Ludwig II. ernannte ihn zum Hofmaler. Man trifft Miniaturen von des Künstlers Hand öfters in Privatsammlungen an. So besitzt z. B. Fräulein von Görres ein auf Papier gemaltes Miniaturporträt (16:12cm) der Sängerin Katharina Sigl-Vespermann in schwarzem Samtkleid mit rotem Turban. Das Bild ist bezeichnet: „F. N. Heigel 1838.“ Auch von Franz Napoleons Vater, dem Miniaturmaler Josef Heigel, besitzt Fräulein von Görres eine Miniatur. Diese ovale Miniatur stellt eine Dame dar im roten Kostüm mit Spitzen und Perlenschnüren, eine weiße Feder auf dem Hut. Die Miniatur ist bezeichnet: „J.Heigel 1828.“
Die „Augsburger Abendzeitung“ vom 25. Juni 1888 widmete Franz Napoleon Heigel einen längeren Nachruf. Er lautet: „München, 25. Juni. Gestern Nachmittag 4 Uhr wurde auf dem Südlichen Friedhof wieder ein alter Künstler Münchens zur letzten Ruhe geleitet, und zwar einer, dessen Wirken seinerzeit eine besondere Eigentümlichkeit der Porträtmalerei bildete, einer von jenen Alten, die einst in froher, kunstlebendiger Gemeinschaft beim „Schafroth“ und „Stubenvoll“ Tafelrunde bildeten: der kgl. Hofmaler Franz Heigel… . Im Knabenalter kam er nach München, bezog später die Akademie und wandte sich 1828 wieder nach Paris, um sich namentlich unter des berühmten Jean Guérin Leitung im Miniaturporträtfach auszubilden. Sein reges Streben nach Vervollkommnung führte ihn auf Kunststudienreisen in Frankreich, Belgien und Italien umher. Als tüchtig geschulter Meister kehrte er 1838 nach München zurück, um hier seinen dauernden Wohnsitz zu nehmen. Vorübergehend ging er dann noch auf Reisen in der Begleitung des damaligen Kunstmäzens, des russischen Obersten Barischnikow.
König Ludwig I., der echte Künstlerkönig, beehrte Heigel fortan mit den wertvollsten Aufträgen und ernannte ihn auch zum Zeichenlehrer der K. Prinzessinnen. Heigels Wirken war ein ungemein umfassendes und fruchtbares; die allerhöchsten und höchsten Personen wollten nur von ihm porträtiert sein; es gab damals kaum ein gekröntes Haupt, dessen Porträt nicht Heigel geschaffen hätte, und er schuf diese in so würdiger Weise, daß Nachbildungen seiner Miniaturporträts heute noch hoch geschätzt werden. König Ludwig I. ließ sich selbst zweimal von Heigel malen.
Als die dann auftauchende Photographie die Miniaturmalerei mehr und mehr in den Hintergrund drängte, wandte sich Heigel dem Genrefach zu und ward namentlich ein bedeutender Aquarellist. König Ludwig I. beauftragte ihn u. a. Echters Nibelungen-Zyklus in Aquarell nachzubilden, und die Société des Aquarellistes de Belge ernannte Heigel zu ihrem Ehrenmitglied. Auch Ludwig Il. schätzte Heigel sehr hoch. Er gab ihm 1869 den Titel eines kgl. Hofmalers, verlieh ihm 1872 die Ludwigsmedaille für Kunst und Wissenschaft und 1883 den Verdienstorden I. Klasse vom hl. Michael. Heigel, ein echter Künstler, war auch ein durch und durch edler, biederer Mensch.
Seit 1853 war er in glücklichster Ehe mit Emma, geb. von Schiber, Regierungsratstochter von hier, verheiratet. Friede und Harmonie waren die zwei Grundpfeiler seines Familienlebens. Eins nur erschütterte sein häusliches Glück und bildete in seiner Wirkung sozusagen den Anfang seines Endes: der vor sechs Jahren erfolgte plötzliche und frühzeitige Tod seines einzigen Sohnes, eines praktischen Arztes. Von da an schien sowohl seine Gesundheit ihrer festen Stütze beraubt, wie auch sein stets frischer Humor zu welken begann. Im vergangenen Winter erlitt er einen Krankheitsanfall, der das Schlimmste befürchten ließ. Aber noch einmal schien er sich aufzuraffen und dem Leben für längere Zeit noch zurückgegeben zu sein. Es war nur das letzte Aufflackern des Lebenslichts vor dem Erlöschen: am 23. Juni Mittags setzte ein Schlaganfall plötzlich und unerwartet seinem reichen Künstler- und Menschenleben ein jähes Ende. Mit ihm ist ein wahrer Künstler, ein edler Mensch geschieden.“
Quelle: Die Bildnis-Miniatur in Deutschland von 1550 bis 1850 von Ernst Lemberger. München: F. Bruckmann, 1909.
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