Österreich. Historische Trachten aus Oberösterreich, Salzkammergut.
Österreich. Historische Trachten aus Oberösterreich, Salzkammergut.
Die Tracht der Oberösterreicher hält so ziemlich die Mitte zwischen der Hochgebirgstracht und der des Flachlandes. In den gebirgigen Teilen des Landes neigt sie sich der ersteren natürlich mehr zu, im Salzkammergut erinnern die Bauern mit grünem Hut und grünbesetzter grauer Joppe schon lebhaft an die benachbarten Obersteiermärker. Eine Vermischung beider Volkstrachten, in Folge von Überwanderungen von der einen oder der anderen Seite, wird deutlich bemerkbar.
Das nationale Bekleidungsstück des Oberkörpers ist im Salzburgischen über einer roten oder blauen Tuchweste eine dunkelbraune oder Tuchjacke, die häufig mit schwarzer Seidenschnur litzenartig besetzt und durch Knebelknöpfe geschlossen ist. Der Kragen ist Schalartig umgeschlagen und der Seidenschnurbesatz erstreckt sich auch auf diesen und den Rückenteil der Jacke, in deren Mitte er Verzierungen bildet; auch der aufrecht stehende Kragen und die gewöhnlich besponnenen oder metallenen Knöpfe sind dazu beliebt. So ist auch der landesübliche Hut von schwarzem Filz, am unteren Teil des spitzen Kopfes mit Seidenschnur und Goldpuscheln besetzt und mit den mannigfaltigen Alpenzeichen ausgeschmückt. Das Halstuch unter dem weißen umgeschlagenen Hemdkragen, der zu größerer Zierlichkeit noch mit Zwirnkante besetzt ist, pflegt man gewöhnlich von roter Farbe zu wählen, wie auch das Taschentuch, welches aus der Seitentasche der Jacke heraus hängt.
Der Oberösterreicher schmückt sich gern und sieht gar stattlich aus, wenn er die Blutnelke über das Ohr gesteckt hat, die silberne Uhrkette mit Berloque herabhängen läßt und das silberbeschlagene Besteck aus der Tasche der schwarzledernen, zierlich mit weißen Nähten besetzten Hose herausschaut. Um Salzburg trägt man hohe hellbraune Juchtenstiefel, im Salzkammergut schwarze Stiefel von gewöhnlichem Leder mit kürzeren Schäften, oder noch allgemeiner Schnürstiefel.
Die Strümpfe sind von weißer Wolle, über die die Bauern noch Wadenstrümpfe ziehen, die von gesponnenen Kaninchenhaar oder Seidenhasenhaar (Angora) gestrickt sind. Diese letztere Gattng von Strümpfen soll durch ihre lang andauernde Sauberkeit, die von der natürlichen Glätte des Seidenhasenhaares herrührt, nur selten eine Wäsche der Strümpfe notwendig machen, und ist darum auch zugleich als wärmende Beinbekleidung ein höchst praktisches Kleidungsstück. Nichts desto weniger tut es aber der Schönheit der Tracht durch die plumpe Unform, die sie den Unterschenkeln gibt, nicht geringen Eintrag.
Einfach und kleidsam ist auch die Tracht der Frauen. Im Häuslichen besteht sie vorzugsweise aus Rock und Taille, letztere vorne durch Häkchen geschlossen; darüber wird ein Brusttuch, „das Pfeffertüchle“, von meist hochroter Farbe vorne über Kreuz gebunden, so daß am Ausschnitt der Taille noch immer das mit Kante besetzte Hemd zum Vorschein kommt; die langen faltigen Hemdsärmel sind am Handgelenk durch ein Bündchen geschlossen. Die Schürze ist nicht allzu weit und groß, und die Fußbekleidung besteht aus weißen Strümpfen, sowie auch aus den oben beschriebenen Wadenstrümpfen von Seidenhasenhaar und hohen Schuhen oder Stiefeln von schwarzem Leder.
Die Stoffe, die zur Kleidung verwendet werden, sind meist von Wolle oder Kattun; als Farbe des Rockes ist ein mattes oder ins Bräunliche gehendes Rosa sehr beliebt, sowie für die Schürze ein helles Grün, ohne deshalb andere helle Farben auszuschließen. Die schwarze oder dunkelfarbige Jacke ist am Rücken mit klein gefälteltem Schoss versehen und am Ausschnitte entweder mit herabfallendem Kragen oder zackig besetzt.
In den Kopfbedeckungen der Frauen sind mannigfaltige Formen herrschend. Das ungefähr vier Fuß große quadratische Tuch von schwarzer Seide, zuweilen mit bunter Blumenborte am Rande, nimmt den ersten Rang ein. Es wird in ein Dreieck zusammengelegt, die Breitseite desselben über den Scheitel gezogen und nach kleiner Drehung der Seitenzipfel endlich im Nacken geknüpft, so daß alle drei Zipfel von da den Rücken herabhängen. Diese Art von Kopfbedeckung ist am verbreitetsten in Oberösterreich und geht über die bayerische Grenze noch hinaus.
In Salzburg trägt man über dem Kopftuch noch einen schwarzen Strohhut mit breitem Rand in Zylinderform, und um Linz einen ähnlichen von weißem Filz, bald mit spitz zulaufendem, bald mit ausgeschweiftem Hutkopf. Eine besonders anmutige Kopftracht ist das Linzer Flügelhäubchen, Dessen Vorderteil nach art einer phrygischen Mütze den Kopf selbst deckt, während die sich daran schließenden beiden Flügel hoch empor stehen und wie zwei geschlossene Muschelschalen sich nach aussen wölben; oberhalb der Flügel und zunächst des nach vorn gebogenen Käppchens befindet sich eine schwarze Schleife, deren Enden längs des oberen Zusammenschlusses der Flügel nach hinten hängen. Eine durch die Haube gesteckte Schmucknadel befestigt diesen hutähnlichen Aufstz an den Zöpfen des hochaufgesteckten Haares. In seiner größten Eleganz als Festtracht ist dieser Kopfschmuck von echter Goldweberei, bei Familien,- oder Kirchentrauer von schwarzem durchzogenem Tüll auf einem Gestell von Drahtband.
Eine schon selten gewordene Kopftracht ist das Salzburger Berghäubchen aus weißen Schmelzperlen, die aufgezogen in zierlichen Verschlingungen ein Käppchen bilden, das nur den Hinterkopf bedeckt und mit einer silbernen Schmucknadel an die aufgesteckten Zöpfe befestigt ist. Bei diesem Käppchen nur allein kommt eine sorgfältige Anordnung des Haares zur Geltung, obwohl dieselbe auch hier nur in einfachem Scheitel besteht; bei den anderen Kopfbedeckungen ist aber nur der der Teil des Scheitels, welcher Schläfe und Ohr berührt, der sichtbare, und es wird deshalb um so größere Sorgfalt darauf verwendet; beim Linzer Flügelhäubchen bildet der Seitenrand fast genau einen Halbkreis.
Quelle: Volkstrachten. Original-Zeichnungen mit erklärendem Text von Albert Kretschmer. Maler und Professor am Königl. Hoftheater Berlin. Leipzig J. G. Bach’s Verlag (Fr. Eugen Köhler) 1887. Deutsche Volkstrachten von 1864-1870.
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