Mode der Schnabelschuhe im Mittelalter des 15. Jh.
Schnabelschuhe des 15. Jahrhunderts
Dieses schöne Beispiel eines Schuhs aus dem 14. oder 15. Jahrhundert, oder Krakauer (fr. Poulaines), war die Art von Schuhen, die von wohlhabenden Menschen zu einer Zeit getragen wurde, als das Kostüm im Allgemeinen ein extravagantes Stadium erreicht hatte; die Spitze der Schuhe erstreckte sich so weit über den Fuß hinaus, dass sie eine Füllung aus Heu, Moos oder Wolle erforderte um sie in Form zu halten, und um es dem Träger zu ermöglichen sich vorwärts zu bewegen. Dafür musste die Spitze gedreht und mit einer schmalen Kette oder einer farbigen Schnur am Knie befestigt werden. Manchmal wurden die lange Spitze in die Form eines Widderhorns gedreht.
Dieser hier abgebildete Schnabelschuh misst von der Spitze bis zur Ferse 38 cm; die Sohle ist durchgehend aus einem Stück Leder, wie auch der obere Teil des Schuhs; es gibt Löcher an der Innenseite für die Spitze, die noch in situ ist, und der Rist etwa 78 cm lang, ist immer noch vorhanden.
Die Sohle ist extrem dünn, da sie nur 0,16 cm an der Spitze und 0,32 cm an der dicksten Stelle ist, was darauf hindeutet, dass sie nur für den Innenbereich bestimmt war; oder wenn sie für den Außenbereich verwendet werden sollte, müssten sie mit Trippen (Holzsohlen mit Riemenbefestigung) oder einer Sohle getragen werden, was zu dieser Zeit eine gängige Mode war. Die Höhe des Leders an der Ferse ist 7,5 cm dick, seine Innenseite ist durch eine zusätzliche Lederstärke versteift: die Nähte sind durchgehend sehr grob ausgeführt.
Fairholt zeigt in seinem „Kostüm von England“ einen ähnlichen Schuh und legt das Datum auf 1460-1500 fest. Der oben beschriebene Schnabelschuh wurde in einem alten Haus in Toledo gefunden und kurz nach seiner Entdeckung von seinem jetzigen Besitzer Geo. C. Haite, Esqr. erworben.
Krakauer oder Schnabelschuhe waren im 15. Jahrhundert eine sehr beliebte Art von Schuhen mit extrem langen Zehen. Sie waren in Europa zu verschiedenen Zeiten populär und tauchten erstmals im 12. Jahrhundert auf, gerieten periodisch aus der Mode bevor sie dann im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts ihre übertriebenste Form annahmen und in den 1480er Jahren wieder aus der Mode kamen.
Sie wurden in England auch Krakauer (Crackowe) genannt, weil man annahm, dass der Stil aus Krakau, der damaligen Hauptstadt Polens, stammt. Manchmal werden sie auch als Poulaines bezeichnet, obwohl der Begriff Poulaine, wie in Souliers à la Poulaine, „Schuhe in der polnischen Mode“, sich auf den langen spitzen Schnabel des Schuhs bezieht, nicht auf den Schuh selbst.
Es handelte sich um einen länglichen Schuh mit einem spitzen Ende von bis zu 50 cm, der in der Regel hochgezogen ist. Je höher die soziale Klasse, desto länger die Spitze. Für Herrscher könnte die Größe des Endes beliebig groß sein. Die Spitze ist mit einer Polsterung aus Hanf oder ähnlichem (siehe oben), für die Steifheit der Spitze versehen.
Schnabelschuhe waren eine Modeerscheinung, die sich primär in England und Frankreich ausbreitete. Die Ankunft dieser Mode in England ist traditionell mit der Hochzeit von Richard II. und Anne von Böhmen im Jahre 1382 verbunden. Ein anonymer’Mönch von Evesham‘ schrieb 1394: „Mit dieser Königin kamen die verfluchten Laster (englische Krakauer oder Pykys) einen halben Meter lang nach England, deshalb mussten sie mit Silberketten an das Schienbein gebunden werden, bevor sie mit ihnen gehen konnten“.
Es gibt jedoch Hinweise, dass sie bereits in den 1360er Jahren getragen wurden. Der Autor des Eulogium Historiarum beschreibt Männer dieser Epoche als “ sie haben Spitzen an ihren Schuhen so lang wie Finger die man Krakauer nennt; besser geeignet als Krallen…. für Dämonen als als Schmuck für Männer“ (Zitat und Quelle sind umstritten). Die Kunst des 15. Jahrhunderts zeigt sie sowohl von Männern als auch von Frauen getragen, wobei die Länge der Herrenschuhe die der Frauen bei weitem übertrifft.
Sie waren umstritten und wurden von mehreren Seiten kritisiert. Im Jahre 1368 erließ Karl V. von Frankreich ein Edikt das deren Herstellung und Verwendung in Paris verbot. Im Jahre 1463 verabschiedete Eduard IV. von England ein Beschränkungsgesetz, das jeden „unter dem Status eines Herrn, Esquire, (oder) Gentleman“ verbot, Schnabelschuhe mit einer Spitze länger als 5 cm zu tragen.
Auch der Klerus missbilligte diese Schuhe als ein Zeichen weltlicher Eitelkeit, die den Menschen zudem entstellt. Er verurteilte ihre Verwendung beim Rat von Paris im Jahre 1212, beim Rat von Angers 1365 und 1368. 1465 wurden sie in England ganz verboten, so dass es allen Schustern in der City of London untersagt war, Schuhe mit mehr als 5 cm langen Spitzen herzustellen.
(Übersetzt aus dem Englischen)
Quelle: Royal and historic gloves and shoes by W. B. Redfern. London 1904.
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