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Afrika Maghreb. Algerien und Tunesien. Trachten der Kabylen.

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AFRIKA. ALGIER UND TUNIS. DIE KABYLEN.

AFRIKA. ALGIER UND TUNIS. BERBER. DIE KABYLEN.

Nr. 1 Wasserträgerin.
Nr. 2. Eine Frau, eine Schüssel mit Milch tragend.
Nr. 6. Kabyle.
Nr. 7. Kabyle in Kriegsrüstung.
Nr. 3. Feldarbeiter.
Nr. 4. Schnitterin.
Nr. 8. Häuptling.
Nr. 5. Kornschwingerin.
Nr. 9. Kabylenfrau in vollständiger Kleidung.

Die Berber, die für die ältesten Bewohner des afrikanischen Bodens gelten, sind in mehrere Zweige geteilt; in die Amazigh (berberisch ⴰⵎⴰⵣⵉⵖ Amaziɣ) oder Schelluh, freie, edle Stämme im Osten von Marokko, die Tibbu zwischen dem Fezzan und Aegypten, die Tuareg in dem zwischen Marocco, dem Fezzan und dem Sudan gelegenen Teile der Sahara und die Kabylen, welche die Kette des Atlasgebirges und des Landes von Algier und Tunis, in Algier zwölf bis fünfzehn Meilen vom Meer entfernt, bewohnen. „Die letzteren sind, sagt Jules David (l’Algérie), der Haupttypus der Berberethnie die sich am reinsten erhalten hat. Diese Bergbewohner sind niemand anderes als die alten Numidier.“

Die Kabylen sind tapfer und gewerbefleissig, Krieger und Handelsleute. Sie achten ihre Nationalität höher als ihr Leben und verlassen ihr Vaterland nur unter dem äussersten Zwang. Sie sind Moslems, aber nicht sehr streng in der Beobachtung der islamischen Gebräuche. Sie behandeln ihre Frauen mit grösserer Rücksicht und Achtung als die übrigen Moslems und begnügen sich fast immer mit einer Frau. Die kabylischen Frauen dürfen sich öffentlich ohne Schleier zeigen, den allgemeinen Festen beiwohnen und sogar mit den Männern, den Yatagan oder die Flinte in der Hand, nach den Tönen der Zorna, einern hölzernen Blasinstrument mit sechs Löchern, die Sgara, den kriegerischen Tanz, tanzen.

Die Frauen der Kabylen stehen sogar wie die der alten Germanen im Rufe göttlicher Eingebung. Sie tragen durch ihre Handarbeit zur Vergrösserung des häuslichen Wohlstandes bei. In allen Stämmen weben sie Wolle und verfertigen Burnusse, welche einen Handelsartikel bilden. Ihre Haut ist weiss, und in vielen Orten gibt es Frauen von grosser Schönheit. In den auf den Berggipfeln gelegenen Dörfern sind die Frauen bisweilen, nach dem Ausdruck eines Eingeborenen, „rot wie Korallen.“

Der Kabyle, der die Liebe zur Arbeit mit der Liebe zur Unabhängigkeit verbindet, ist ein einfacher und rascher, praktischer und nüchterner Mann. Die Flinte ist für ihn, was bei den Römern die toga virilz’s war; er empfängt sie mit 16 Jahren aus der Hand des Vaters als ein Pfand der Ehre und der Hochachtung von Seiten der anderen. Deshalb hat das Verbot der Bewaffnung durch die französische Regierung unter den Kabylen eine tiefe Erbitterung hervorgerufen. Der Kabyle trägt auf dem Haupt eine Kappe, ein wollenes Hemd, den Derbal, der mit oder ohne einen wollenen Gürtel angelegt wird, und einen ledernen Schurz. Dazu gehört ein Mantel mit Kaputze, der Burnus, der mit oder ohne Haik getragen wird, und die Fussbekleidung.

Das Haar der Mädchen wird niemals abgeschnitten, während dasjenige der kleinen Knaben gänzlich geschoren wird. Alle Kabylen starren vor Schmutz und vernachlässigen die einfachsten Regeln der Gesundheitspflege.

Nr. 1. Das irdene Gefäss, wdas die Frau trägt, ist eines von denen, das die Beni-Raten herstellen. Es erinnert mit der Spitze, in welche es ausläuft und mit der man es in die Erde stösst, um ihm einen Halt zu geben, an antike Formen. Von zwölf Jahren ab sind die Mädchen gezwungen, zweimal täglich von den Höhen der Berge zu den Schluchten herabzusteigen, in denen die Bäche fliessen. Trotz des steinigen Bodens tragen sie keine Schuhe. Die Last, die dabei auf ihrem Rücken ruht, wiegt bis zu siebenundzwanzig Kilo. Die Spitze des Wassergefässes findet ihren Stützpunkt im Gürtel an den Hüften.

Nr. 2. Eine Frau, die zugleich eine Schüssel mit Milch und ein Kind trägt. Die Kabylenfrauen nähren ihre Kinder bis zum dritten und vierten Jahre und trennen sich auch während der Arbeit nicht von ihnen. Sie tragen sie in ihrem Gürtel, der wie eine Hängematte arrangiert ist. Der Druck des Gefässes wird durch einen auf dem Kopfe liegenden wulstartigen Kranz, den Tragekranz, gemildert.

Nr. 3 ist die leicht geschürzte Tracht eines Feldarbeiters, die nur aus einem kurzen Derbal, einem langen ledernen, um den Hals befestigten Schurz und einem Strohhut besteht.

Nr. 4 und 5 zeigen weibliche Trachten von ähnlicher Einfachheit. Man bedient sich zum Reinigen der Körner grosser Siebe, die hin und her geschwungen werden, so dass Stroh und Staub herausfliegen.

Nr. 6. Kabyle in gewöhnlicher Tracht. Er trägt zwei Ledersäcke: der eine dient zur Aufbewahrung der Munition, der andere als Jagdtasche. Er ist mit einer langen Flinte bewaffnet, deren Schaft aus Nussbaumholz besteht.

Nr. 7. Kabyle in Kriegsrüstung. Die Kabylen bereiten sich ihr Pulver selbst und verfertigen ihre Flinten bis auf die feineren Damaszinierungen und Tauschirungen in Silber. Sie kämpfen fast immer zu Fuss. Zu der oben beschriebenen Kleidung kommen hier noch schwarze Wadenstrümpfe hinzu, die auch anderen Bergbewohnern eigentümlich sind. Im Gürtel stecken zwei Pulverhörner und ein Degen in hölzerner Scheide mit Metallspitze.

Nr. 8. Kabylenhäuptling. Er trägt zwei Burnusse, von denen der braune aus Kamelhaaren gewebt ist. Die Pantoffeln sind aus Maroquinleder.

Nr. 9. Kabylenfrau. Die Tracht reicht bis in das hohe Altertum hinauf. Das Hemd ist die antike Palla, die aus einem oblongen Stück Stoff besteht, dessen obere Hälfte umgeschlagen und an den Schultern befestigt ist. Die Arme bleiben frei. Durch den Gürtel wurde aus diesem Kleidungsstück die palla succincta der Römer. Auch der Wollmantel wird mit Agraffen an den Schultern befestigt. Die Kapuze hängt mit demselben nicht zusammen, sondern ist für sich gearbeitet und mit bunten Stickereien verziert. Der Gürtel besteht aus Schnüren, welche von Kamelhaaren geflochten sind. Der Ring am Fusse ist von Kupfer.

(Die acht ersten Nummern nach Dokumenten, die Herr Duhousset mitgeteilt hat; Nr. 9 ist dem Colonial-Museum, in Paris entlehnt.)

Afrika Maghreb. Algerien und Tunesien. Trachten der Kabylen.Quelle: Geschichte des Kostüms in chronologischer Entwicklung von Auguste Racinet. Bearbeitet von Adolf Rosenberg. Berlin 1888.

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