Bucheinbände der Safawidenzeit aus Persien. Lackmalerei des 16. Jhs.
Persische Lackmalerei des 16. Jahrhunderts.
Tafel XXV.
AUSSENSEITE DES RÜCKENDECKELS EINES PERSISCHEN EINBANDES.
964 D. H.* 1557 n. Chr.
Zu Tafel XXVI gehörend (siehe unten).
Größe: 26 x 15 cm. Lackmalerei über Klebepappe. Auf dem mit einem Kreidegrund überzogenen Pappdeckel liegt als Unterlage für die Bemalung eine dünne Lackschicht, die wiederum mit mehreren Lagen schützenden durchsichtigen Lackes bedeckt ist.
Auf der obersten Schicht ist dann erst das flüssig aufgemalte und getupfte Gold, Silber und Perlmutterstaub angebracht. Den Grund bildet ein leuchtendes Braunrot. Im Mittelfeld eine Landschaft, die sich „aus einzelnen Versatzstücken ohne verbindenden Raum aufbaut“: Felsen, aus denen Wasserbäche hervorsprudeln, Blatt- und Blütenbäume, Blumenstauden und dazwischen Antilopen und Hasen, die von einem gefleckten Panter gejagt werden. Hinter den Bäumen oben wird die Luft durch chinesische Wolkenmotive und fliegende Vögel angedeutet.
Die umlaufende Randborte ist in größere und kleinere Medaillons mit stilisierten Blumenranken aufgelöst. Die Tiere sind in grauen und gelblichen Farbentönen wiedergegeben, während sich das Gold, abgesehen von der Borte, auf die Konturen der Bäume und Pflanzen und ihre zum Teil minutiös feine Innenzeichnung beschränkt; Perlmutterstaub findet nur bei der Wiedergabe des Erdreichs, der Felsen und bei jenen für die Malerei der Safawidenzeit charakteristischen Steinen oder Erdschollen Verwendung, die gleichsam das Postament aller Stauden und Pflanzen bilden. Silber, das durch Oxydation eine schwarze Farbe angenommen hat, deutet Wasser an.
Der Einband umschließt eine Handschrift von Djami’s „Jussuf und Suleikha“ *), die von Mahmud Ibn Ishak esch-Schihabi geschrieben und 964 d. H. datiert ist. Der Text auf 139 Blättern ist von Zier- und Pflanzenmotiven in Goldzeichnung auf verschieden gefärbtem Grund umrahmt und zeigt ähnliche Motive wie der Einband.
*(AH (lateinisch: Anno Hegirae, „im Jahr der Hidschra“). Der islamische Kalender verwendet die Hijri Zeitrechnung, deren Epoche mit dem islamischen Neujahr 622 n. Chr. festgelegt wurde. In diesem Jahr wanderten Muhammad und seine Anhänger von Mekka nach Medina und gründeten die erste muslimische Gemeinschaft (ummah), ein Ereignis, das als Hidschra gefeiert wird.
Tafel XXVI.
AUSSENSEITE DES VORDERDECKELS EINES PERSISCHEN EINBANDES.
964 D. H. 1557 n. Chr.
Zu Tafel XXV gehörend (siehe oben).
Größe: 26×15 cm.
Lackmalerei über Klebepappe. Die gleiche Technik wie bei Tafel XXV. Das von derselben Borte wie dort eingerahmte Mittelfeld zeigt eine in der gleichen Art gestaltete Landschaft mit zwei auf Antilopen und Füchse(?)jagenden Löwen. Während der eine von ihnen in der Mitte im Sprung auf eine Drehhorn?antilope wiedergegeben ist, liegt der andere unten und scheint zwei Wasservögel zu beobachten, die am Rande eines Wassers stehen. Vergl. über den Stil und den Inhalt des Buches, den der Einband umschließt, das bei Tafel XXV gesagte.
Privatsammlung, Berlin – Im Kunsthandel erworben.
*) Nūru’d-Din ʿAbdu’r-Raḥman-i Dschami (1414-1492), Sufi des Nakschbendi-Tariqa Ordens, persischer Mystiker und Dichter oder einfach bekannt als Jami oder Djami und in der Türkei als Molla Cami bekannt. Er war ein persischer sunnitischer Dichter, der für seine Leistungen als produktiver Gelehrter und Schriftsteller mystischer Sufi-Literatur weithin bekannt ist. Er war vor allem ein prominenter Dichter-Theologe der Schule von Ibn Arabi und ein Khwajagani Sufi, anerkannt für seine Eloquenz und für seine Analyse der Metaphysik der Barmherzigkeit. Seine bekanntesten poetischen Werke sind Haft Awrang, Tuhfat al-Ahrar, Layla wa Majnun, Fatihat al-Shabab, Lawa’ih, Al-Durrah al-Fakhirah. Jami gehörte dem Naqshbandi-Sufi-Orden an.
Jami ist auch dafür bekannt, dass er mit seinen Gedichten die persische Malerei beeinflusst hat und mit Manuskriptbildern die persische Geschichte dargestellt hat. Die meisten seiner eigenen Literatur enthalten Illustrationen, die zu seiner Zeit noch nicht für Literatur üblich waren. Die tiefe Poesie, die Jami verfasste, wird in der Regel von angereicherten Gemälden begleitet, die die Komplexität von Jamis Werk und der persischen Kultur widerspiegeln.
Jami arbeitete innerhalb des Timuriden Hofes von Herat und half dabei, als Dolmetscher und Vermittler zu dienen. Seine Poesie spiegelte die persische Kultur wider und war im gesamten islamischen Osten, in Zentralasien und auf dem indischen Subkontinent beliebt. Seine Poesie sprach populäre Ideen an, was dazu führte, dass sich Sufis und Nicht-Sufis für sein Werk interessierten. Er war nicht nur für seine Poesie bekannt, sondern auch für seine theologischen Werke und Kommentare zur Kultur. Sein Werk wurde in mehreren Schulen von Samarqand über Istanbul bis Khayrabad in Persien sowie im Mogulreich verwendet.
In seiner Rolle als Sufi-Schaykh, die 1453 begann, legte Jami eine Reihe von Lehren bezüglich des Beschreitens des Sufi-Pfades dar. Er schuf eine Unterscheidung zwischen zwei Arten von Sufis, die heute als der „prophetische“ und der „mystische“ Geist bezeichnet werden. Er ist sowohl für seine extreme Frömmigkeit als auch für seinen Mystizismus bekannt. Auf seinem Weg zum Sufismus blieb er ein überzeugter Sunnit und entwickelte Bilder von der irdischen Liebe und deren Ausübung, um die spirituelle Leidenschaft des Gottsuchers darzustellen. Er begann sich in jungen Jahren für den Sufismus zu interessieren, als er einen Segen von einem Schüler Khwaja Mohammad Parsa (geistiger Führer des Naqshbandi-Ordens des Sufismus und theologischer Lehrer in Herat) erhielt, der durch die Stadt reiste. Von da an suchte er Rat bei Sa’d-alDin Kasgari, basierend auf einem Traum, in dem ihm gesagt wurde, er solle Gott annehmen und sein Gefährte werden. Jami folgte Kasagari und die beiden wurden durch die Heirat von Jami mit Kasgaris Enkelin aneinander gebunden. Er war bekannt für seine Hingabe an Gott und seinen Wunsch nach Trennung von der Welt, um Gott näher zu kommen, was ihn oft dazu veranlasste, gesellschaftliche Normalitäten zu vergessen.
Jahrhundertelang war Jami für seine Poesie und sein tiefes Wissen bekannt. Im letzten halben Jahrhundert hat Jami begonnen, vernachlässigt und seine Werke vergessen zu werden, was ein übergreifendes Problem in der mangelnden Erforschung der islamischen und persischen Studien widerspiegelt.
"Warum klagst du, Dschämi, dass kein Mensch dein Wort begehrt? Rede minder! Minderkeit vermehrt der Ware Wert" (Rückert).
Quelle: Islamische Bucheinbände von Friedrich Paul Theodor Sarre (1865-1945). Berlin: Scarabeus-Verlag, 1923.
Literatur: Die Entwicklung des Unendlichkeitsgedankens von PD Dr. Ludwig Neidhart (Universität Augsburg, Institut für Philosophie).
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