Französische Moden. Schlafröcke und Schlafmützen des Barock.
FRANKREICH. XVII. UND XVIII. JAHRHUNDERT.
FRANZÖSISCHE MODEN. SCHLAFRÖCKE UND SCHLAFMÜTZEN.
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Nr. 13. Charlotte, Landgräfin von Hessen-Kassel, Königin von Dänemark.
Nr. 4. Vornehmer Mann im Hauskleid.
Nr. 5. Monsieur le Noble, 1695.
Nr. 1, 2, 3, 6, 7 u. 8. Haus- und Schlafmützen für Männer; XVII. und XVIII.Jahrhundert.
Nr. 9. Franz Ludwig von Bourbon, Prinz von Conti, 1697.
Nr. 10. Abbé in Soutane.
Nr. 11. Jean François Paul de Bonned Créquy, Herzog von Lesdiguières 1696.
Nr. 12. Ludwig August von Bourbon, Herzog von Maine.
Vierzig Jahre lang, von 1660 bis 1700, war der Hof Ludwig XIV. in Versailles der Mittelpunkt des europäischen Kulturlebens, der nicht nur für alle vornehmen Herren Frankreichs, sondern auch für die übrigen Höfe Europas massgebend war. Nach zwei Richtungen hin war das Beispiel des Königs besonders wirksam. Er gab den Ton für die Mode an, indem er gewisse Stoffe, Spitzen, Borten, Besätze u. dergl. bevorzugte. Als Schüler Colberts begünstigte er den heimischen Gewerbefleiss und wurde so der Gründer gewisser Industriezweige, die zu grosser Blüte gelangten, weil sie stark für den Export arbeiteten, da der französische Geschmack überall nachgeahmt wurde.
Das zweite Beispiel, das der König gab, betraf das Zeremoniell am Hof, welches in Gegenwart der vornehmsten Edelleute des Landes und der Hofleute mit peinlicher Genauigkeit beobachtet wurde. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend war der König der Mittelpunkt eines bald kleineren, bald grösseren Kreises, vor welchem er seine verschiedenen Toiletten machte, wobei ihm die Grossen des Reiches verschiedene Handreichungen leisten durften, was sogar als eine grosse Auszeichnung galt.
Nach dem Beispiele des Königs verbreitete sich die Sitte, des Morgens im Négligé zu empfangen. Schlafrock, die kurze Perücke oder die Schlafmütze gehörten dabei zum guten Ton. Der Schlafrock war ein luxuriöses Kleidungsstück von prächtigem Stoff, mit Gold und Silber gestickt und je nach der Jahreszeit mehr oder minder warm. Wenn die Perücke fehlte, war die Mütze unumgänglich. Das Haar war ganz abrasiert, und der nackte Kopf konnte daher nicht gezeigt werden. Zu einer Zeit, wo die schweren In-folio-Perücken (Allongeperücken nannte man grand in-folio) den Kopf derartig zum Schwitzen brachten, dass man darunter eine Kappe von Serge oder Leinwand trug, musste man eine Kopfbedeckung wählen, welche das entblösste Haupt genügend schützte. Man nahm seine Zuflucht zu Mützen, die man aus Leinwand, Seide und Samt fertigte und mit Watte oder Pelz fütterte. Auch diese Schlafmützen wurden Luxusgegenstände, die man mit reichen Stickereien verzierte. Der Gebrauch derselben war im XVII. und XVIII. Jahrhundert so allgemein, dass die Bräute ihren zukünftigen Ehegatten Hausmützen stickten. Sie waren auch in andern Ländern in Gebrauch. Nr. 3 ist eine venezianische Hochzeitsmütze mit Liebesemblemen, und die verbundenen Herzen auf Nr. 8 deuten ebenfalls auf die hochzeitliche Bestimmung hin.
Die allgemeinen Charakterzüge der männlichen Tracht am Ende des XVII. Jahrhunderts haben wir in dem Text zur Tafel mit der Maske geschildert. Wir deuten deshalb hier nur die Eigentümlichkeiten der dargestellten Kostüme an. Zwei der Leibröcke, Nr. 9 und 12, sind mit breiten Galons besetzt, Nr. 11 nur mit Passementerien. Der Stoff ist einfarbig. Nr. 9, der die Hand in die Tasche des Beinkleids steckt, zeigt eine mit Bändern zusammengeschnürte Hose. Dieser Herr trägt das blaue Ordensband nicht über dem Leibrock, sondern über der Weste, wie es Ludwig XIV. für gewöhnlich zu tun liebte. Ebenso der Herzog von Maine, Nr. 12, an dessen
Gürtel der Wintermuff hängt.
Die Königin von Dänemark (Nr. 13) trägt ein reich mit Spitzen besetztes Kostüm. Die hohen, gefalteten Garnituren des Rocks, aus Gold- und Silberspitzen bestehend, bilden das eigentliche Falbalas. Auch das Überkleid, ans einer Mantille und Schleppe bestehend, ist mit Spitzen besetzt, ebenso wie die Fontange. Die Schönheitspfläserchen und der mit einer grossen Schleife versehene Muff vervollständigen die Tracht, welche für die Zeit der Frau von Maintenon charakteristisch ist.
Nr. 4, 5, 9, 10, 11, 12 und 13 nach illumierten Bildern mit den Namen Berey, Trouvain, Bonnart und Mariette aus der Sammlung des Herrn Ovigneur in Lille. Nr. 1, 2, 3, 6, 7 und 8 befanden sich im Musée historique du Costume auf der 1874 von der Union centrale des beaux-arts appliqués à l’industrie veranstalteten Ausstellung.
Quelle: Geschichte des Kostüms in chronologischer Entwicklung von Auguste Racinet. Bearbeitet von Adolf Rosenberg. Berlin 1888.
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