Die Ordonnanzkompanien. Französisches Militär des Mittelalters.
EUROPA MITTELALTER.
FRANKREICH. MILITÄRISCHE KOSTÜME 1439-1450. WAFFEN.
Die Ordonnanzkompanien.
Nr. 10. Wappenherold.
Nr. 11. Page des Königs mit der königlichen Standarte.
Nr. 12. Bogenschütze.
Nr. 13. Gewappneter aus den Ordonnanzkompanien.
Nr. 14. Trompeter.
Nr. 15. Armbrustschütze.
Nr. 16. Bogenschütze.
Die Ordonnanzkompanien (franz. Compagnie d’ordonnance) sind die ältesten regulären Truppen Frankreichs. Sie wurden von Karl VII. gegründet. Im Jahre 1445 erhielten sie ihre definitive Organisation in fünfzehn Kompanien, deren jede hundert Lanzen zählte. Ein gewappneter Lanzenreiter, der für eine Lanze zählte, hatte drei Pferde, eins für sich, eins für seinen Pagen und eins für seinen Knappen und war ausserdem von zwei bis drei Bogenschützen begleitet.
Alle Lanzenreiter, die in den Ordonnanzkompanien dienten, sowie die Bogenschützen und Pagen waren von adliger Herkunft. Sie repräsentierten die Blüte des französischen Adels. Die Einrichtung der freiwilligen Bogenschützen, die im Jahre 1448 stattfand, vervollständigte die regulären Kompanien und legte den Grund zu der Infanterie. Diese Bogenschützen wurden von den einzelnen Gemeinden gestellt und ausgerüstet und waren steuerfrei. Sie mussten stets bereit sein, auf den Befehl des Königs in’s Feld zu ziehen, erhielten aber nur während des Felddienstes ihren Sold.
Ihre Equipierung musste aus einem Dolch, einem Degen, einem Bogen, einem Köcher und einem leichten Eisenkoller bestehen. Wenn sie wieder in ihre Heimat zurückkehrten, durften sie sich nur an Festtagen, wann sie sich im Bogen- und Armbrustschießen üben wollten, ihrer Kriegsausrüstung bedienen.
Der Wappenherold spielte in dem mittelalterlichen Kriegswesen eine wichtige Rolle. Er nahm während der Schlacht seinen Platz vor der königlichen Standarte ein, zählte nach der Schlacht die Toten, verhandelte als Parlamentär wegen des Lösegeldes der Gefangenen, präsidierte die Beuteverteilung und brachte die Siegesnachrichten an die fremden Höfe. Seine Person war unverletzlich.
Die Trompeter begleiteten den Herold. Sie trugen das Wappen ihres Herren auf der an ihrem Instrument befestigten Fahne. Der oberste der französischen Wappenherolde hatte den Titel Wappenkönig und trug auf seinem Rock die königliche Krone und die Lilien in Gold gestickt. Die anderen Herolde, die nach dem Namen der verschiedenen Provinzen benannt waren, trugen den Heroldstab wie er und das Wams mit den Lilien, aber ohne die Krone. Sie trugen ausserdem den Namen und das Wappen ihrer Provinz in das Wams eingestickt.
Die jungen Edelleute begannen ihre kriegerische Laufbahn als Pagen bei einem Ritter oder Fürsten. Die Pagen des Königs standen unter dem Stall- oder Pagenmeister. Ihr Dienst bestand darin, ihren Herren die Waffen zu tragen, Botschaften auszurichten und sie bei der Mahlzeit zu bedienen. Der grösste und kräftigste der Pagen wurde dazu ausersehen, des Königs Standarte zu tragen.
Die Tracht der Ordonnanzkompanien war keine Uniformierung in modernem Sinne. Indessen geben die von uns gewählten Beispiele den allgemeinen Charakter der Bewaffnung wieder.
- Nr. 13. – Panzerreiter mit der Salade (Helm) ohne bewegliches Visier, aber mit einem beweglichen Nackenschutz und mit einer Halsberge, die das Kinn, den Hals und einen Teil der Brust beschützt. Da der Kürass an allen Seiten geschlossen ist, steckt der Mann ganz in Eisen. Der rote Stoff über der Brust verdeckt den Brustpanzer. Auf dem Marsche trug der Page die Lanze. Der Knappe war mit der Salade, einem Wams, das innen mit Eisenplatten gefüttert war, einem Lederkürass oder einem Ringelpanzer bewaffnet. Er trug die Streitaxt (Hellebarde) oder Guisarme.
- Nr. 12. – Die Bogenschützen waren mit dem Panzerhemd, Beinschienen und der Salade mit und ohne Kinnschutz versehen. Wenn der Helm den letzteren nicht hatte, wurde er durch eine Halsberge aus Eisenringen ersetzt. Auch die Oberarme und Ellenbogen waren gepanzert. Die Pferde trugen dagegen keinen Panzer. Der Köcher war ein Leinwandfutteral, welches an der rechten Seite herabhing. Der Bogen wurde an der Sehne getragen, indem das Holz auf dem Rücken lag. Das Schwert ist am Sattel befestigt und ist ein sogenannter Zweihänder, mit dem zu Fuss gekämpft wurde.
- Nr. 16. – Freiwilliger Bogenschütze. Er trägt die Salade und statt des Köchers die durch ein an beiden Seiten offenes, kurzes Futteral zusammengehaltenen Pfeile unter dem Arm.
- Nr. 15. – Der Armbrustschütze ist beschäftigt, seine Waffe vermittelst einer Kurbel zu spannen, indem er den Fuss in den Bügel setzt. Die Kurbel wurde nachher in den Gürtel gehängt oder auf die Erde gelegt. Der Bolzen war nur 6 bis 8 Zoll lang, aber mit einer starken
Eisenspitze bewehrt. Der Armbrustschütze ist auch mit einem Panzerhemde versehen, trägt aber auf unserer Abbildung trotz des sonst üblichen Eisenhelmes einen Filzhut. - Nr. 10. – Wappenherold. Unter dem Wappenrock trägt er ein Panzerhemd. Diese Tracht erhielt sich bis in das XVI. Jahrhundert hinein.
- Nr. 11. _ Page des Königs in einer Rüstung, deren elegante Form nicht für den Gebrauch im Krieg bestimmt gewesen ist. Da das Banner den hl. Georg mit dem Drachen zeigt, deutet dasselbe auf einen englischen König.
Einzelne Waffen.
- Nr. 3. Armbrust aus dem XV. Jahrhundert. Aus dem Artilleriemuseum in Paris.
- Nr. 7. – Degen eines Connétable (Stallmeister) ans demselben Museum. Es war eine Zeremonienwaffe, die der Connétable mit nach oben gekehrter Spitze dem Könige vorantrug. Die Klinge unter dem Griff, der Knopf desselben und die Parierstange sind ebenso wie die Goldblechbeschläge der ledernen Scheide mit Lilien in Relief und Gravierung geschmückt.
- Nr. 1. – Morgenstern. Eine furchtbare, noch im XII. Jahrhundert übliche Waffe.
- Nr. 2. Streithammel.
- Nr. 4. – Messer mit Sägeklinge, dessen sich die Infanteristen bedienten, um den vom Pferde gestürzten Reitern den Garaus zu machen.
- Nr. 5 und 6. – Hellebardenspitzen, die bis 2 Meter Länge erreichten.
- Nr. 8. – Guisarme, eine Art Hellebarde, die von den Fusssoldaten gebraucht wurde, um den Pferden die Flechsen (Sehnen) zu durchschneiden.
- Nr. 9. – Muskete, abgebildet auf der im Jahre 1472 den Burgundern durch Jeanne Hachette abgenommenen Standarte, die sich im Rathaus von Beauvais befindet.
(Nach Originalen im Pariser Artilleriemuseum und nach Abbildungen in den Werken von de Noirmont und de Marbot, Vieil-Gastel und Willemin)
Quelle: Geschichte des Kostüms in chronologischer Entwicklung von Auguste Racinet. Bearbeitet von Adolf Rosenberg. Berlin 1888.
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