Ryggastuga. Das schwedische Bauernhaus. Interieur und Hausrat.
SCHWEDEN. DAS HOLZHAUS. LANDLEBEN.
DAS INNERE DER WOHNUNGEN.HOLZGERÄTE DES LANDMANNS.
Die Ryggastuga.
Das abgebildete Zimmer gehört zu einem Haus mit Sparrendach, die sogenannte Ryggastuga, einem alten Wohnungstyp, dem man noch in mehreren Provinzen begegnet. Das dargestellte Exemplar stammt aus dem District Halmstad und Arstad in Halland.
Das norwegisch-schwedische Bauernhaus ist gewöhnlich aus Fichtenholz erbaut, das von Jahr zu Jahr an Härte zu nimmt und schliesslich der schärfsten Axt widersteht. Mehrere solche Gebäude bilden einen Gaard, eine schwedische Farm. Der Schlafraum der Familie, der Schlafraum der Arbeiter, die Speisekammer, der Werkzeugschuppen, der Stall, der Kornspeicher, der Backofen, alles ist in bestimmten Zwischenräumen der Feuersgefahr halber in besonderen Gebäuden untergebracht. Die einzelnen Gaards sind oft durch meilenweite Entfernungen getrennt. Diese Isolierung zwang den Landbewohner von jeher, sich fast alle Gebrauchsgegenstände selbst anzufertigen, ein Umstand, der über Jahrhunderte langen Konservierung der Formen und der Ornamentierung geführt hat.
Das Zimmer unserer Abbildung gehört zu einem solchen Haus aus rohen oder behauenen, durch Holzpflöcke verbundenen Fichtenstämmen. Die Zwischenräume sind mit einer Mischung aus Moos und Lehm verstopft. Das Dach besteht aus leichter Zimmererarbeit, mit Birkenrinde bedeckt. Darüber unterhält man zur Verminderung der Feuergefahr einen dichten frischen Rasen. Das ganze Haus enthält gewöhnlich nur zwei Räume, eine Art Vestibül mit nicht mehr als fusshohem Eingang und ein grosses Zimmer, das zugleich als Schlafkammer, KÜche und gemeinsamer Versammlungsort dient. Das einzige Dachfenster liegt nach Süden ausgerichtet.
Ein Bett ist nur für das Haupt der Familie und die Hausfrau vorhanden, alle Anderen schlafen auf mit Stroh und Schaffellen bedeckten Bänken.
Die Aussenseite des Hauses ist meist mit einem rötlichen Anstrich versehen. Als Innendekoration dienen die an der Wand und an der Decke befestigten Linnengewebe der Hausfrau, die der Gatte mit Wasserfarben bemalt. Die Motive dieser Malereien sind der Bibel entnommen (Geburt Christi, Noah und die Arche, Opfer Abrahams), doch kommen auch Genreszenen vor, die dann, vielfach den Charakter der Karikatur annehmen. Der Boden ist mit Fichtenzweigen, im Sommer mit Blumen bestreut.
Das Mobiliar ist das denkbar einfachste. Es besteht auf unserer Abbildung aus der Bettstelle, einer Wanduhr, einem secretärartigen Schrank, einem gefällig geschnitzten Tisch mit Schublade, auf dem ein dreifüssiger Armleuchter, eine Butterbüchse und anderes Gerät bemerkenswert sind, einer Bank, einer holzgeschnitzten, eisenbeschlagenen Lade für die Garderobe und einer darauf stehenden ovalen Hut- und Haubenschachtel aus bemaltem Holz. Im Dachgiebel und an der Seite der Bettlade befinden sich Wandbretter, die mit bemalten Schüsseln, Tonleuchtern u. s. w. bestellt sind.
Die auf dem oberen Teil unserer Tafel abgebildeten Holzgeräte sind ausschliesslich ländliche Arbeit.
Nr. 1. Doppellöffel, angefertigt für die Neuvermählten am Hochzeitstag. 0,20 m lang.
Nr. 2. Kaffeekanne aus geschnitztem und gemaltem Holz. Norwegisch. 0,35 In hoch.
Nr. 3 u. 12.Holzlöffel aus der Provinz Herjeadale (Härjedalen) im nördlichen Schweden. 15 und 13 cm lang.
Nr. 4. Bierkrug aus geschnitztem und bemaltem Holz. Norwegisch. 0,20 m hoch.
Nr. 5.Löffel mit graviertem und gemaltem Stiel. 0,10 m lang.
Nr. 6 u. 7. Vexiertassen. Die zu Gruppen von zwei oder drei vereinigten Gefässe sind durch kleine Löcher verbunden.
Nr. 8. Dreifacher Vexierlöffel mit durchbrochenem und bemaltem Griff. Dalekarlien (Dalarna, schwedisch landskap). 0,25 m lang.
Nr. 9. Doppellöffel derselben Art. aus Holz geschnitzt. 0,17 m lang.
Nr. 10. Ovale Holzbüchse geschnitzt und bemalt. Norwegisch. 0,20 m Durchmesser.
Nr. 11. Biernapf von aussan und innen bemaltem Holz in Form eines Schiffes mit einem Hahnenkopf als Vorderteil. Auf dem weissen Rand ein Bibelvers. Norwegisch. 0,30 m lang.
Nr. 12, 13 u. 16. Butterbüchsen mit linearen Ornamenten im Geschmack der Lappländer. Norwegisch. 0.30 m hoch.
Nr. 14. Doppellöffel mit durchlöchertem Stiel und beweglichen Ringen. Die Innenseite graviert. 0,18 m lang.
Nr. 15. Suppenlöffel. 0,30 m lang.
Interieur und Hausrat gehörten der schwedischen Section der Pariser Ausstellung von 1878 an. Sie entstammen dem skandinavischen Museum in Stockholm.
Quelle: Geschichte des Kostüms in chronologischer Entwicklung von Albert Charles Auguste Racinet. Bearbeitet von Adolf Rosenberg. Berlin 1888.
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