Die elegante Welt im 18. Jahrhundert. Frauen des Volkes.
FRANKREICH. XVIII. JAHRHUNDERT. DIE ELEGANTE WELT; MÄDCHEN AUS DEM VOLK (1735-1755).
Strumpfstopferin und Spitzenklöpplerin.
Die bei den Szenen auf der unteren Hälfte der Tafel sind einer von Charles – Nicolas Cochin 1737 gestochenen Serie von sechs Blättern entnommen.
Die Strumpfstopferin hatte ihren Platz auf der Strasse, um etwaige Reparaturen an den Strümpfen der Elegants sofort vornehmen zu können. Sie ist einfach gekleidet. An die Mode des Tages erinnern die langen Ärmel und der spitze Schuh. Ihre Brust bedeckt das Halstuch, von den Koketten venez-y-voir genannt.
Die Spitzenarbeiterin trägt eine grosse Schürze mit hochgehendem Latz.
Der junge Mann, der scherzend der Strumpfstopferin unter das Kinn fasst, ist ein Offizier des königlichen Hauses. Wie sein Stab mit der falkenkopfartig gebogenen Krücke anzeigt, gehört er zu den zweihundert Edelleuten, die stets in der Umgebung des Königs waren. Er trägt einen langen, freifallenden Rock, in der Taille geknöpfte Weste und Kniehosen. Sein Schuh, seit 1720 an der Spitze abgerundet, ist durch eine Schnalle geschlossen, der hölzerne Absatz ist rot bemalt, ein Abzeichen des Adels. Das in einen Zopf gebundene Haar ist weiss gepudert. Auf der Wange sitzt ein Mouche, Schönheitspflästerchen. Als Krawate dient eine unter dem Kinn geknüpfte Binde. Das Hemd ist mit einem Spitzenjabot versehen, der Hut unter den Arm geklemmt.
Der Galan der Spitzenarbeiterin trägt den kleinen Dreispitz mit galonniertem und federbesetztem Rand. Der Muff ist kleiner geworden und hat den passe-caille, die Schnur, mit der er in der Höhe der Taille befestigt war, verloren. Er gehört zu der Halbtoilette, in der man Besuche machte. Die Weste ist bis an den Hals zugeknöpft. Das Haar ist durch eine Schleife in zwei Partien, cadenettes, geschieden, von denen die eine vom über der Schulter hängt. Es ist das eine Reminiszenz an die Zeit Ludwigs XIII. Die Weste entsprach in ihrer Ausstattung stets dem Rock; der einzige in ihr zu entfaltende Luxus bestand in den Knöpfen und Knopflöchern, da die Galonnierung nur noch zur militärischen Uniform oder der Livree gehörte.
Gruppen aus der eleganten Welt.
Die beiden Szenen auf der oberen Hälfte der Tafel sind nach Zeichnungen von Joseph Vernet, gestochen unter der Aufsicht von Le Bas, reproduziert. Leider ist von diesen Skizzen des Malers der französischen Häfen nur eine Serie von 12 Nummern gestochen worden. Sie geben ein treffliches Bild der Trachten und Sitten der Zeit, da Vernet über einen ganz besonderen Sinn für Kostüme und die Art, sie zu tragen, verfügte.
Vgl. Edmond und Jules de Goncourt. La Femme au XVIIIe siècle und L’Art au XVIIIe siècle. Quichemt, L’Histoire du costume en France.
Quelle: Geschichte des Kostüms in chronologischer Entwicklung von Auguste Racinet. Herausgegeben von Adolf Rosenberg. Berlin 1888.
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