Franz Schubert. Komponist der Spätklassik und Frühromantik.
Franz Schubert war ein österreichischer Komponist der Spätklassik und Frühromantik und zugleich ein Fortsetzer der klassischen Sonate nach dem Vorbild Ludwig van Beethovens. Er widmete sich vor allem der Kammermusik, schrieb aber auch zahlreiche Werke für Klavier, ein Dutzend Sinfonien sowie Chor- und Kirchenmusik. In den Liedern dieser Zeit wendet sich Schubert der romantischen Lyrik zu, mit der Vertonung von Gedichten von Novalis, Schlegel, Klopstock, Goethe, Schiller, Rückert und Heine. Die Wertschätzung von Schuberts Musik war zu seinen Lebzeiten auf einen relativ kleinen Kreis von Bewunderern in Wien beschränkt, aber das Interesse an seinem Werk nahm in den Jahrzehnten nach seinem Tod stark zu. Felix Mendelssohn, Robert Schumann, Franz Liszt, Johannes Brahms und andere Komponisten des 19. Jahrhunderts entdeckten und förderten seine Werke.
Heute zählt Schubert zu den größten Komponisten der westlichen klassischen Musik. Obwohl er früh starb, im Alter von 31 Jahren, war Schubert einer der produktivsten Komponisten des neunzehnten Jahrhunderts und hinterließ tausend Werke (1.009 um genau zu sein), das mehr als sechshundert weltliche Vokalwerke (hauptsächlich Lieder), sieben vollständige Sinfonien, geistliche Musik, Opern, Bühnenmusik und eine große Anzahl von Werken für Klavier und Kammermusik umfasst. Die meisten Werke Schuberts (die Lieder, insbesondere die Winterreise, die letzten Sinfonien, einige Impromptus, die letzte Sonate Nr. 21 in B-Dur, D.960, das Quintett für zwei Violinen, Viola und zwei Violoncelli, D. 956) sind geprägt vom rastlosen Rhythmus der Schritte des Wanderers, der auf der verzweifelten Suche nach einem Anderswo ist, das ständig verfolgt und nie erreicht wird.
Als er im Alter von nur einunddreißig Jahren starb, hinterließ Schubert tausend Werke (1.009 um genau zu sein). Zu seinen Lebzeiten wurden etwa hundert Opus veröffentlicht, was im Vergleich zu seiner Produktivität wenig ist, aber mehr als Robert Schumann oder Frédéric Chopin im gleichen Alter veröffentlichten.
Franz Peter Schubert.
Geb. 31. Januar 1797; gest. 19. November 1828.
Das Leben Franz Schuberts, des größten Meisters des deutschen Liedes, verfloß so still und einförmig, wie das kaum eines anderen hervorragenden Künstlers. Er wurde am 31. Januar 1797 als Sohn eines aus Österreichisch-Schlesien stammenden Schullehrers in der Vorstadt Lichtental zu Wien geboren und verlebte bei der äußerst zahlreichen Nachkommenschaft des Vaters, die zu seinem Einkommen in einem bedenklichen Missverhältnis stand, eine Jugend voll Dürftigkeit und Entbehrungen.
Der Vater und sein älterer Bruder Ignaz leiteten seinen ersten Musikunterricht, bis sich der Lichtentaler Chorregent Michael Holzer seiner annahm und ihn im Orgelspiel und Generalbaß unterwies. Im Jahre 1808 wurde er als Sängerknabe in die kaiserliche Hofkapelle und als Zögling in den Wiener Stadtkonvikt aufgenommen. Hier leistete er in den wissenschaftlichen Schulstunden kaum das geringe Maß des von ihm Verlangten, zeigte aber in musikalischer Hinsicht eine solche auffallende Begabung, daß der Hofkapellmeister Antonio Salieri sich entschloß, persönlich seine weitere Ausbildung zu übernehmen, nachdem der Musikdirektor Rucziska, der ihn im Generalbass (Basso continuo) unterrichten sollte, erklärt hatte, sein Schüler wisse schon alles, der habe es vom lieben Gott gelernt.
Salieri machte Schubert mit den Regeln der strengen Kompositionslehre bekannt und empfahl ihm, sich statt an dem Komponieren von Versen Schillers an dem von italienischen Stanzen zu üben. Als im Jahre 1813 der Stimmwechsel der ferneren Tätigkeit Schuberts als Sopransänger ein Ende machte, verließ er den Konvikt, um nach kurzer Vorbereitung bei seinem Vater als Schullehrergehilfe einzutreten. In dieser ihm nicht im mindesten zusagenden Stellung verblieb er bis zum Jahre 1817, in welchem ihm sein Freund Franz von Schober, damals Bücherrevisor in Wien, Aufnahme in sein Haus gewährte.
Schubert hatte bereits während seiner Lehrerzeit trotz der zeitraubenden amtlichen Beschäftigung eine erstaunliche Fruchtbarkeit entwickelt, war indessen froh, sich von nun an nur noch der Musik widmen zu können. Der Umgang mit Schober und die schon einige Jahre früher angeknüpften Beziehungen zu dem Juristen und Dichter Johann Mayrhofer (1787-18369 hoben seinen Geist und taten seinem freundschaftsbedürftigen Herzen unendlich wohl. Für seine musikalische Entwicklung wurde jedoch die um dieselbe Zeit erfolgte Bekanntschaft mit dem Tenoristen Johann Michael Vogl (1768-1840) von noch größerer Bedeutung. Nicht nur daß Vogl, ein Liebling der vornehmen Gesellschaft, seine Lieder in den Salons der Großen einführte und ihm Gelegenheit verschaffte, auf lustigen Sängerfahrten durch die Landschaften Oberösterreichs und des Salzkammergutes seine Welt- und Menschenkenntnis zu erweitern, förderte er auch direkt Schuberts Kompositionsweise, indem er ihn auf das Dramatisch – Wirkungsvolle hinwies, ihn aus dem reichen Schatz seiner Kenntnisse auf musikalisch verwertbare Dichtungen aufmerksam machte und ihm manchen Fingerzeig für eine angemessene Behandlung der menschlichen Stimme zu teil werden ließ.
Im Jahre 1818 ließ sich Schubert, der niemals ein besoldetes Amt bekleidet und trotz der Ärmlichkeit seiner Verhältnisse das Erteilen von Musikunterricht verschmäht hat, bereit finden, zu dem Grafen Johann Esterhazy auf das Gut Zeléoz nach Ungarn zu kommen, um die musikalischen Aufführungen des Hauses zu überwachen und nebenbei den beiden sehr befähigten Töchtern des Grafen einige Anleitung in der Musik zu geben. Obwohl es ihm hier an künstlerischen Anregungen nicht fehlte und die Stellung eine ebenso angenehme als leichte war, fühlte er sich doch in dem »tiefen Ungarlande« nicht wohl. Dazu kam noch, daß er zu der Gräfin Karoline eine hoffnungslose Liebe hegte, ohne daß diese die Stärke seiner Gefühle ahnte. Wenn Schubert aber auch den Aufenthalt in Ungarn verwünschte, so hat er doch aus demselben reichen Nutzen gezogen. Er hörte auf dem Gut des Grafen zahlreiche ungarische Nationalmelodien, die ihm später die Anregung zu einer Reihe seiner eigenartigsten und vorzüglichsten Kompositionen boten.
Erst im Jahre 1819 wurde ein Werk Schuberts in einem öffentlichen Konzerte zu Wien zu Gehör gebracht. Der Tenorist der Hofoper Franz Jäger sang damals das Lied: »Des Schäfers Klage« und erzielte mit demselben großen Beifall. Er genügte jedoch nicht, um Schubert einen Verleger zu verschaffen, noch weniger, um die Aufführung einer seiner zahlreichen Opern zu ermöglichen. Schubert entschloß sich daher, seinen »Erlkönig« mit Unterstützung der Freunde im Selbstverlag erscheinen zu lassen. Der Absatz war ein guter, und bald zeigten sich die Wiener Buchhändler bereit, sich für die Schubertschen Lieder zu interessieren. Da er jedoch in Geldangelegenheiten völlig unbewandert war und sich die ungünstigsten Bedingungen gefallen ließ, verbesserten sich seine Verhältnisse trotzdem in keiner Weise. Als nun gar in Wien durch den plötzlich aufkommenden Rossinikult die italienische Oper zur neuen Herrschaft gelangte, floßen die Honorare immer kärglicher. Zwar hatte er die Freude, daß im Jahre 1820 seine Gesangsposse: »die Zwillinge« im Kärntnertortheater und bald darauf das Singspiel: »die Zauberharfe« am Theater an der Wien gegeben wurden, aber, obgleich sie Anerkennung fanden, vermochten sie sich ebensowenig auf dem Repertoire zu behaupten, wie die erst aus dem Nachlass bekannt gewordenen Opern »Sakuntala«, »Alfonso und Estrella«, »Fierabras« und »die Verschworenen oder der häusliche Krieg«, die sich auch in unserer Zeit bei aller Pietät für den Meister wegen ihrer dramatischen Unzulänglichkeit nicht als bühnenfähig erwiesen haben.
Noch mehr als die Teilnahmslosigkeit der großen Masse gegen Schubert befremdet die Gleichgültigkeit, mit der ihm Männer wie Goethe und Beethoven begegneten. Schubert hatte eine Anzahl seiner Kompositionen Goethescher Lieder an den Dichter nach Weimar gesandt, wurde aber von diesem keiner Antwort gewürdigt. Beethoven ließ die Widmung der vierhändigen Variationen über ein französisches Lied (Op. 10) gleichfalls unbeachtet, erkannte aber wenigstens auf dem Totenbett bei Durchblättern der sieben Rellstabschen Lieder aus dem Schwanengesang »den göttlichen Funken«, der in Schuberts Brust wohnte. Als Beethoven begraben war, leerte Schubert im Kreise seiner Freunde das erste Glas auf das Gedächtnis des Dahingeschiedenen, das zweite auf den, der ihm zunächst folgen würde. Anderthalb Jahre später wurde er selbst wie Beethoven auf dem Währinger Kirchhof begraben. Er war, erst 31 Jahre alt, am 19. November 1828 gestorben, den Namen Beethoven noch im Tod auf den Lippen führend. Sein Grabmal, das ihm nur zwei Gräber entfernt von demjenigen seines Vorbildes errichtet wurde, trägt die treffende Inschrift Grillparzers: »Der Tod begrub hier einen reichen Besitz, aber noch schönere Hoffnungen«.
Nachdem durch Haydn, Mozart und Beethoven sowohl die Instrumentalmusik, als die Oper und das Oratorium einer abschließenden Vollendung zugeführt worden waren, gab es nur ein Gebiet der Tonkunst, das musikalische Lied, das noch auf ein bahnbrechendes Genie für seine Ausgestaltung harrte. Dieses Genie erstand uns in Schubert, dessen Liederkompositionen die Lücke in glänzender Weise ausgefüllt und Österreich in dieser Hinsicht eine ruhmvolle Stellung in der Musikgeschichte gesichert haben. Damit ist jedoch die geschichtliche Mission Schuberts nur in ihrem wesentlichen Teil bezeichnet. Gebührt ihm doch das Verdienst, durch die Übertragung der Liedform auf die Instrumentalmusik in seinen Impromptus, Moments musicals, Tänzen und Märschen eine ganz neue Gattung ins Leben gerufen zu haben, die als Lied ohne Worte namentlich die Klaviermusik unserer Tage beherrscht. Rechnen wir dazu noch die zahlreichen Symphonien, Kammermusiken und Klaviersonaten Schuberts, in denen er die von Beethoven und seinen Vorgängern überkommene Form mit vollster Beherrschung und Freiheit handhabte, so werden wir bereitwillig Robert Schumann beipflichten, wenn er Schubert den »ausgezeichnetsten« Musiker nach Beethoven nennt, der, »Todfeind aller Philisterei, Musik im höchsten Sinne des Wortes ausübte«.
Lithographie von Joseph Kriehuber, Wien 1801-1876.
Quelle: Historisches Porträtwerk. Das Zeitalter der Befreiungskriege (1810-1845). Nach Auswahl von Dr. Woldemar von Seudlitz. Mit biographischen Daten von Dr. H. Tillmann und Dr. H. A. Lier. München 1897. Verlagsanstalt Friedrich Bruckmann A.-G.
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