Maria von Medici Königin von Frankreich, 1610.
MARIA VON MEDICIS (1575 -1642).
KÖNIGIN VON FRANKREICH. Um 1610.
Von JEAN LULEVÈS.
Von Margarethe von Valois wird erzählt, dass, als sie im Jahre 1606, zweiundfünfzig Jahre alt, von ihren Schlössern nach Paris zurückkehrte und sich, nach ihrem eigenen, früher überall nachgeahmten Geschmack gekleidet, öffentlich zeigte, die Franzosen ihre einstige Modegöttin lächerlich fanden, – so hatte der Geschmack sich geändert. Zum mindesten war die Mode von den ausserordentlichen Extravaganzen und bizarren Formen, die sie unter Heinrich III. angenommen hatte, schon durch den Einfluss der Ligue zurückgekommen, die, je weniger sie die Politik des Hofes teilte, desto weniger auch dem Geschmack der Höflinge zu huldigen sich beflissen zeigte. Wenn nun auch bei dem Regierungsantritt Heinrichs IV. die Tracht der Männer einfachere und zweckmässigere Formen annahm, so lässt sich dasselbe doch nicht von der der Frauen behaupten. Das Bizarre, ja Groteske hat sich hier zum Teil länger konserviert.
Die spanische Wespentaille, ergänzt durch hohe Schnebbenleibchen aus Stahl und Fischbein, ist ebenso bizarr, wie der unglaublich übertriebene, auf der Hüfte sitzende und schwebende, breite Reif, über welchen das Oberkleid steif und gerade hinabfällt, so dass es fast einem Turm oder einer Glocke gleicht. Die gerafften, wulstig gebauschten, geschlitzten und vielfach gegliederten Ärmel, die röhrenförmig gefalteten, steifen Tellerkragen, dazu die aus Natur und Kunst, aus echten und unechten Haaren zusammengesetzten Coiffuren (Frisuren), der überhandnehmende Gebrauch von Schminke, Schönheitswasser und Puder, der Luxus, welcher im Schmuck entfaltet wurde, so dass z. B. Gabrielle d’Estrées mit ihren Perlen und Steinen gelegentlich ein schwarzseidenes Kleid in ein weissleuchtendes verwandelte: Alles dies deutet darauf hin, dass man sich eher von der Natur entfernte, statt zu ihr zurückzukehren.
Nach dem Tod von Heinrich IV. drang die bis dahin fast ausschliesslich höfische Mode auch in die bürgerlichen Kreise. Wenn nun bei diesem Übergang, also unter der Regentschaft Maria’s von Medicis, alle Teile des Kostüms eigenartig sich verkleinern und dies abermals besonders Bezug hat auf die Männertracht, bei welcher Hut, Mantel, Degen, Stiefel, Bart, – selbst die Börse, wie ein Spassvogel der Zeit bemerkt, – gegen früher wesentlich verkürzt erscheinen, so teilen doch auch die Frauen jener Epoche diesen Zug, obschon nicht in ihrer Haupttracht. Doch in Nebendingen, in Kleinigkeiten im eigentlichen Sinne des Wortes zeigt sich die neue Richtung; Etuis und Taschentücher, Messerchen und Scheren unterliegen auch bei ihnen dem sonderbaren Diminutiv-Geschmack der Zeit.
Stofflich glänzende Fortschritte machte die Mode seit Heinrich IV. zweifellos durch die Ausbreitung der Seiden-Industrie in Frankreich und den häufigen Gebrauch der Seide. Hier war die Mode wiederum von Vorteil für den Aufschwung der Industrie und wurde es namentlich dadurch, dass kein Luxusgesetz den Verbrauch der Seide erschwerte. Erst dem gestrengen Richelieu war es vorbehalten, in dieser Richtung Gesetze zu erlassen.
Einen charakteristischen Spiegel der Moden jener Epoche gewährt auch das Bild der Königin – Regentin von Frankreich, Maria von Medicis, selbst, welches hier als eine genaue Kopie des im Museum zu Madrid befindlichen Originals sich repräsentiert. Franz Perbus d. J. (gest. 1621) hat das Original gemalt, leider ohne bestimmte Angabe des Jahres, so dass auf die Zeit des Entstehens nur aus Vergleichen mit anderen Portraits der Königin und aus der Tracht selbst geschlossen werden kann.
Die Königin erscheint bereits mit dem Witwenschleier; sie hat also die Regentschaft nach der Ermordung- Heinrichs IV. (1610) während der Minderjährigkeit des Dauphins angetreten, und jene nicht gerade sehr rühmenswerte Periode ist hereingebrochen, in welcher, entgegen den Absichten des glorreichen Heinrich, durch die Intrigen der spanischen Partei und durch den Fracktionsgeist des Adels, Frankreich nahe daran war, wie ein berühmter Geschichtsschreiber sagt, einem Handschuh gleich umgestülpt zu werden. Die schlaue, listige, kapriziöse Königin, weder hervorragend durch aussergewöhnliche Schönheit, noch durch besondere Bildung-, hatte immer Pomp, Gepränge und Weltlust im Auge, und so darf es nicht Wunder nehmen, dass ihrer Witwentracht der düstere Charakter fehlt, welcher derjenigen ihrer Mutter, Katharina von Medicis, eigen war. Die Tochter wusste auch dem Trauerkostüm Eleganz und Kleidsamkeit zu verleihen.
Die Witwenhaube, beibehalten zwar in der Form, aber zierlicher und aus leichtem Drahtgestell gefertigt, ähnelt fast einem Schmuck, der die blonden, gelockten Haare der achtunddreissigjährigen Frau hervorheben soll. Das Leibchen, wespenartig eng geschnürt und in eine lange Schnebbe nach vorne auslaufend, ist mit langem, steif abstehendem, faltigem Schoss versehen, tief ausgeschnitten, der Ausschnitt aber mit einem Spitzentuch bis zum Halse hinauf verhüllt. Zu den vielgliederig gebauschten und geschlitzten Ärmeln, die längs den Öffnungsrändern mit Litzen besetzt sind, treten zurückgeschlagene und mit Spitzen besetzte Manschetten, wie sie auch bei den Männern üblich waren.
Über den kolossalen Hüftkranz (Vertugardien, Vertugalle, auch Vertugadin, d. i. Tugendwächter genannt) fällt starr und schwer der Oberrock herab, der, ohne das Unterkleid irgendwo hervortreten zu lassen, durch Schleifen vorn geschlossen und unten mit einem Bande besetzt ist. Das ganze Kleid, aus schwarzer Seide bestehend, ist durchweg und regelmässig geschlitzt, wahrscheinlich also schon im Gewebe, weil die Schlitzränder mit Zacken und kleinen Mustern versehen sind, die geschlossene dreifache Rundkrause in breiter Ausladung besteht aus feinem Leinen; auch letztere ist, wie die Manschetten, ausgezackt.
Die ganze Figur wird von einem langen Schleier umhüllt, der, ausgehend von dem an den Schultern befestigten Drahtgestell der Witwenhaube, in rundem Bogen über die Krause fällt und mit den Enden vorn an der Taille befestigt ist. Auffallend sparsam zeigt sich die Königin – Regentin in der Verwendung des Schmuckes. Dieser besteht hier nur in einer langen Perlenkette, doppelten Perlenreihen an den Handgelenken und Perlen als Ohrringen. Hier zeigt sie sich am ehesten als Witwe.
Wiewohl dieses Kostüm noch der Epoche der Spät-Renaissance zugeordnet werden kann, weist der Stil den der Spanischen Hoftracht auf und zeigt schon die Attribute des aufziehenden Barock. Als Tudormode tritt sie zur gleichen Zeit mit Elisabeth I. in England auf. Diese Moderichtungen entstand im Zuge der Gegenreform und als Protest gegen die von der katholischen Kirche verurteilten sogenannten verlotterten Sitten der italienischen Renaissance.
Auffällig ist die Zweiteilung des Körpers in ein oben und ab der Mitte in einen tabuisierten unteren Bereich (Farthingale oder Hoop,- Reifrock, Krinoline), der die folgenden zwei Jahrhunderte, bis hin zur Französischen Revolution, beibehalten wurde (Bis auf einige modische Kapriolen zur Zeit Ludwig des XIV. am Hof zu Versailles am Ende des 17.Jhd. ). Der Körper der Frau wurde wieder verhüllt und mit Watte an den geschlechtsspezifischen Bereichen förmlich bis zur Unsichtbarkeit wattiert. Der auf diesem Bild abgebildete Spitzenkragen, sog. Mühlsteinkrause oder Kragen, war aus feinster, kostbarer italienisch, venezianischer Reticetta Spitze.
Maria de‘ Medici starb nach einem äusserst bewegten Leben verarmt in Köln, in der Sternengasse 10.
Quelle: Blätter für Kostümkunde: historische und Volkstrachten von Franz Lipperheide.
Maria von Medici, Gemahlin Heinrichs IV., Königin von Frankreich 1600-1642. Geb. 26. April 1573, gest, 3. Juli 1642.
Maria von Medici, geb. am 26. April 1573, war die Tochter des Herzogs Franz I. von Toskana und der Johanna von Österreich. Sie vermählte sich in ihrem 27. Jahre mit Heinrich IV. von Frankreich. Ihre grosse Schönheit vermochte nicht, ihren Gemahl mit den Fehlern ihres herrschsüchtigen Charakters auszusöhnen. Als der Dolch Ravaillacs sie zur Witwe gemacht hatte, ergriff sie mit starker Hand die Zügel der Regierung als Vormünderin ihres Sohnes Ludwig XIII. Beraten von den Botschaftern Roms und Spaniens und von ihrem Landsmann Concini, förderte sie das Emporkommen einer Günstlingswirtschaft, deren schlimme Wirkungen durch die verschwenderische Freigebigkeit, mit der sie sich anderseits populär zu machen versuchte, nicht ausgeglichen werden konnten, und den Rechtsgang und die Finanzverwaltung erschütterten.
Selbst nach der Mündigkeitserklärung ihres Sohnes behielt sie ihren Einfluss, bis sie im Jahre 1619 durch Albert de Luynes, des Königs Günstling, auf kurze Zeit nach Blois verbannt, und endlich durch Richelieu, den sie selbst zur Sicherung ihrer Stellung ins Ministerium berufen hatte, jeder Einwirkung auf die Regierung beraubt wurde. Die Mac ht, die sie in den Händen gehabt, hatte sie zum Schaden der Protestanten angewendet; und doch war sie die Gemahlin Heinrichs IV. gewesen, zu welchem die bedrängten Feinde der katholischen Kirche wie zu ihrem rettenden Hort emporsahen.
Bis nach Belgien von Richelieu verfolgt, starb sie am 3ten Juli 1642 in Köln verlassen und arm.
Quelle: DAS ZEITALTER DES DREISSIGJÄHRIGEN KRIEGES (1600-1670). ALLGEMEINES HISTORISCHES PORTRAITWERK. MÜNCHEN 1895. VERLAGSANSTALT FÜR KUNST UND WISSENSCHAFT VORMALS FRIEDRICH BRUCKMANN. NACH DEN BESTEN GLEICHZEITIGEN ORIGINALEN NACH AUSWAHL VON DR. WOLDEMAR VON SEIDLITZ MIT BIOGRAPHISCHEN DATEN VON DR. H. TILLMANN UND DR. H. A. LIER.
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