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Die Abraxassteine. Amulette und Talismane.

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Rom. Das Amulett. Die Abraxasgemmen.

ROM. DAS AMULETT. DIE ABRAXASGEMMEN.

(Abraxasgemmen, Amulettstein, Abraxassteine)

Die Amulette sind Bilder, Figuren oder andere Gegenstände, denen Griechen und Römer gewisse Zauberkünste zuschrieben. Man trug sie an einer Schnur auf der blossen Brust. Kindern wurden sie umgehängt, um sie gegen die Macht des bösen Blicks zu schützen, Athleten trugen sie, um sich den Sieg zu vergewissern, Soldaten, um im Kampfe unverletzlich zu sein. Mit dem Ende der römischen Republik und dem Beginn der Kaiserherrschaft nahm die Sitte Amulette zu tragen, durch das Eindringen orientalischer Religionsformen, namentlich der ägyptischen und chaldäischen, immer mehr überhand. Heute ist diese Sitte nur noch bei Naturvölkern zu finden, wie bei den Indianern Nordamerikas und den afrikanischen Völkern, bei welch letzteren die Amulette aber auch als Abzeichen der Stammesunterschiede dienen.

Den Kindern hängten die Römer zum Schutze gegen den bösen Blick die Fühlhörner eines Käfers, einen Phallus oder Gegenstände aus Ambra, Koralle, Bernstein u. dgl. sichtbar um die Brust. Man nannte solche Amulette fascina. Da dieser Aberglaube auch bei den ersten Christen eindrang, eiferten die Geistlichen dagegen. Johannes Chrysostomus wirft den Christen seiner Zeit vor, dass sie sich Zaubermittel und Binden bedienten und dass sie goldene Münzen Alexanders des Grossen als Schutzmittel an sich trugen (s, Nr. 7).

Das Konzil von Laodicaea verbot den Geistlichen, bei Strafe der Degradation, Amulette und Phylacterien (Gebetsriemen) zu tragen. Karl der Grosse verbot sie in seinen Kapitularien. Aber es hielt schwer, den einmal eingewurzelten Aberglauben, der durch die Araber verbreitet und auch zu den Galliern gedrungen war und dessen sich auch die Gnostiker, die Basilidianer (Gnostiker) und Valentinianer bemächtigten, indem sie die alten Religionsvorstellungen mit den neuen vermischten, von Grund auszurotten.

Aus den Zeiten, in welchen jene christlichen Sekten auftraten, rühren auch die geschnittenen Steine her, die man Abraxas nennt, weil dieser Name, unter welchem sich die Gnostiker das höchste Wesen dachten, am häufigsten auf ihnen vorkommt. Das Wort Abraxas oder Abrasax soll die aus griechischen Buchstaben zusammengesetzte Zahl 365 und im weiteren Sinne Gott selbst bedeuten. Die sieben Buchstaben seines Namens können für jeden der sieben klassischen Planeten stehen. Die ältesten Abraxassteine stammen noch aus der Zeit vor der Christianisierung. Sie zeigen sonderbare Zusammensetzungen aus menschlichen Leibern, Tierköpfen und Schlangenschwänzen und die Inschrift Abraxas oder Abrasax in griechischer Schrift. Im Mittelalter wurden sie vielfach nachgeahmt und als Amulette getragen. Vielleicht hängt mit diesen Abraxassteinen auch das mittelalterliche Wort Abracadabra zusammen, welches, in der Form eines Dreiecks auf ein Papier geschrieben und um den Hals getragen, ein Mittel gegen das Fieber sein sollte.

Goethe zählt einen Abraxasstein zu den “Segenspfändern” Divan I 2).

Doch Abraxas bring ich selten!
Hier soll meist das Fratzenhafte
Das ein düstrer Wahnsinn schaffte,
Für das Allerhöchste gelten.

Es gibt Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen solchen Figuren in Berichten über die Lehre von Basilides, in alten gnostischen Texten, in den größeren griechisch-römischen magischen Traditionen und in modernen magischen und esoterischen Schriften. In den letzten Jahrhunderten haben sich Spekulationen über Abraxas verbreitet, von dem behauptet wird, er sei sowohl ein ägyptischer Gott als auch ein Dämon.

Montfaucon, der in seinem Werk l’Antiquité expliquée eine grosse Zahl der Abraxassteine publiziert hat, teilt sie in sieben Klassen.

  1. Klasse. Abraxas mit Hahnenkopf. Der Hahn deutet auf den Sonnenaufgang. Die Peitsche soll dazu dienen, die Pferde des Sonnenwagens anzutreiben- S. Nr. 2. 3. 25. Die Inschrift auf Nr. 2 bedeutet: Gib mir die Gnade und den Sieg, weil ich deinen verborgenen und unaussprechlichen Namen ausgesprochen habe. Dieser Name ist Jao, der Jehovah der Juden.
  2. Klasse. Mit Löwenköpfen und Löwenleibern und bisweilen mit der Inschrift Mithra, dem Namen des persischen Sonnengottes. Nr. 4. 8. 28. 32. Aus der Inschrift von Nr. 28 geht hervor, dass der siegreiche Löwe des Stammes Juda den Kopf des Verräters Judas in der Hand hält.
  3. Klasse. Mit dem Namen oder der Figur des Serapis. Nr. 5. 11. 14. 23. 33. 34. Die Doppelansichten zeigen die Vorder- und Rückseite.
  4. Klasse. Mit der Figur des Anubis, mit Käfern, Schlangen, Sphinxen und Affen. Nr. 17. 18. 20. 29.
  5. Klasse. Menschliche Figuren mit und ohne Flügel. Nr. 1. 6. 9. 12. 21. 26. 27. 30. 35. 36.
  6. Klasse. Inschriften ohne Figuren und hebräische Inschriften. Nr. 7. 13. 15. 16. 19. 22. 24. 31.
  7. Klasse. Abraxassteine mit mehreren Symbolen. Nr. 10. Man trug diese Steine am Hals, in Halsbändern, Ohrgehängen und in Siegelringen. Für den letzteren Fall sind die Buchstaben verkehrt eingeschnitten. Nr. 36.
    Unter den Inschriften, welche die Bestimmung der Amulette klar hervorheben, sind folgende zu nennen: Nr.27: Bewahre mich. Rückseite: Sabao. Nr. 24: Jao, Abraxas, Adonai, heiliger Name, gnädige Mächte, schützet Vibia Paulina vor allen bösen Geistern. Schlangen, wie auf Nr. 5 und 11, wurden von den Ägyptern als gute Geister angesehen. Nr. 1 soll Christus darstellen. Nr. 8 ist ein Blutjaspis, der sich im Antikenkabinett der Pariser Nationalbibliothek befindet.

Moutfaucon, L’Antiquite éxpliquée und Dictionnaire de l’Académie des Beaux-Arts, Paris 1858 Vol. I.

Abraxassteine.

von Elizabeth Villiers.

Sie werden getragen, um die Macht des Bösen abzulenken und um Glück herbeizuführen. Diese Steine, die im Mittelalter als Talismane außerordentlich beliebt waren, haben ihren Namen von dem in griechischen Buchstaben eingeschnittenen Wort Abraxas, das die Zahl 365 darstellt.

Die Gnostiker lehrten, daß dreihundertundfünfundsechzig seelische Kräfte von der höchsten Gottheit ausgingen; so war der Abraxas-Stein das Symbol aller Tugenden und frommen Eigenschaften, zugleich aber auch das weltlicher Erfolge. Das Wort erscheint auf diesen Steinen fast immer zusammen mit einer oder mehreren kabbalistischen Gestalten. Die üblichste war die seltsame allegorische Darstellung eines Geschöpfs mit einem Hahnenkopf (die Wachsamkeit bedeutend) und dem Körper eines Mannes, der in der rechten Hand die Peitsche der Macht, am linken Arm den Schild der Weisheit trägt, während die Beine durch zwei Schlangen gebildet werden, die den inneren Sinn und den Verstand verkörpern. —

Die Gnostiker waren eine religiöse Sekte, die in den Anfängen des christlichen Zeitalters ihre größte Macht entfalteten. Viele der Lehren Buddhas, des jüdischen Talmuds und der Religion des alten Ägyptens waren in ihrem Glaubensbekenntnis enthalten. Allmählich wurden sie jedoch von der frühchristlichen Kirche ganz aufgesogen, obzwar die Kirchenväter späterhin die gnostischen Lehren streng ablehnten. —

Der Glaube an die Macht der Talismane und Sigel war ein fest begründeter Bestandteil der gnostischen Lehrsätze. Im Mittelalter, als der Gnostizismus eigentlich schon völlig erloschen war, behielten die Talismane immer noch ihre Geltung. Sie wurden auch häufig nachgemacht, so daß Abraxassteine —- zum großen Teil allerdings Fälschungen — in Museen und Sammlungen vielfach zu finden sind.

Quelle:

  • Geschichte des Kostüms in chronologischer Entwicklung von Auguste Racinet. Bearbeitet von Adolf Rosenberg. Herausgeber: Firmin-Didot et cie. Paris, 1888.
  • Amulette und Talismane und andere geheime Dinge von Elizabeth Villiers. Drei Masken Verlag, 1927.

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