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Römischer Tempel der Vesta in Tivoli. 1. Jh. vor Chr.

Tempel der Vesta von Tivoli.

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Vesta-Tempel (Tivoli)

Unter den vielfachen Überresten von alten Tempeln, Gräbern, Palästen und Villen in Tivoli (dem alten von Dichtern so vielfach besungenen, 3 1/2 Meilen nordöstlich von Rom gelegenen Tibur) zeichnet sich auf dem höchsten Punkt der Stadt ein nahe bei dem ersten Fall des Teverone (Anio) gelegenes Rund-Gebäude aus.

Die Frage, welcher Gottheit dieser Tempel aus dem frühen 1. Jahrhundert vor Christus gewidmet war, ist sehr umstritten. Einige nannten ihn den Tempel der Vesta, andere den Tempel des Hercules Saxanus oder den Tempel der Sybil. Seine Ruinen befinden sich auf der Akropolis der Stadt und überblicken die Wasserfälle des Anio (ein linker Nebenfluss des Tiber), die heute zur Villa Gregoriana gehören.

Auf jeden Fall erhebt sich dieses Monument über der Schlucht, in der der Anio, aus großer Höhe stürzend, die berühmten Kaskaden von Tivoli bildet. Sie steht auf einem Felsen, dessen Unebenheiten durch die Konstruktion von Sockeln in Opus incertum (Gussmauerwerk) ganz ähnlich wie bei anderen Werken aus der Zeit von Sylla korrigiert wurden. Es ist aus Travertin gebaut, und die korinthischen Säulen sind leicht gewölbt. Der poröse Stein war mit einer sehr feinen Stuckschicht überzogen, von der noch Fragmente erhalten sind.

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Kapitell restauriert nach M. Néoot und Gebälk restauriert nach Auguste Ancelet.

Es ist angemerkt worden, dass die Ausführung der Kapitelle in diesem Tempel eine verblüffende Ähnlichkeit mit denen in den Heiligtümern der Fortuna in Palestrina, von Castor und Pollux in Cori und mit den meisten der korinthischen Kapitelle, die in Pompeji gefunden wurden, aufweist. Es scheint, dass beide nach dem gleichen Typ ausgeführt wurden. Im Mittelalter, vielleicht schon im 10. Jahrhundert und bis zum 16. Jahrhundert, wurde der Tempel als Kirche unter dem Patronat der Jungfrau Maria genutzt; im Inneren der Cella ist eine Nische in die Wand geschnitten, in der Spuren christlicher Malereien zu sehen sind.

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Tempel der Vesta von Tivoli. Gezeichnet von J. D. Harding.

Die Grotte des Neptun, die tiefen Höhlen unterhalb der Ponte Lupo und das tiefe Bett des Anio, wo er aus diesen Höhlen austritt, liegen zwischen den hier zu sehenden Bergen und den Felsen, auf denen dieser Tempel und jener der Sibylle, die er verbirgt, gebaut sind. Kaum ein Ort ist auffälliger als die Plattform des Vesta-Tempels: Die Szene um und unter dem Betrachter ist erhaben und schön zugleich.

Der Tempel, dessen Grundriss einen vollkommenen Kreis bildet, steht auf einem Felsen aus Muschelkalk, der bei den Alten lapis Tiburtinus (jetzt Travertino) heisst. An der Seite wo der Anio sich in Kaskaden in das tiefe Tal hinabzustürzen beginnt, erbauten die Römer zwei Stockwerke Arkaden, die mit Mauerwerk ausgefüllt sind. Diese Substruktionen (Gewölbeabstützungen unter römischen Bauwerken) sollten zum einen den Felsen stützen, andererseits den Platz vor dem Tempel erweitern.

Es ist nicht sicher bekannt, wem der Tempel geweiht war, die einen glaubten, der Tempel sei dem Gründer Tiburs, dem mythischen Tiburnus, geweiht gewesen, andere hielten ihn für ein Grabmal des L. Gellius, weil sich auf demselben die Inschrift L. Gellio L. P. (s. u.) findet. Nach dritter Ansicht wäre er ein Tempel der tiburtinischen Sibylla Albunea, welche die sogenannten sibyllinischen Bücher nach Rom gebracht haben soll, gewesen, eine weitere Meinung erklärt ihn als Heiligtum des Herkules, des Schutzgottes der Stadt und schließlich der Göttin Vesta selbst, deren bekannterer kreisförmiger peripteraler Tempel auf dem Forum Romanum zu sehen ist und deren Heiligtümer in der Gestalt einer Rotunde erbaut sein mussten.

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Tempel und Details restauriert nach M. Nénot.

Die Cella ist von einer durch achtzehn Säulen, von denen noch zehn erhalten sind, gebildeten Halle umgeben. Von der zur Galerie und zur Cella führenden Treppe sind noch Spuren vorhanden. Das Innere war durch zwei Fenster erhellt, von denen nur noch eines erhalten ist. Die Dimensionen des Gebäudes sind klein, die Höhe bis zum Kranz des Gebälkes der Säulenhalle beträgt nur 11 1/4 Meter.

Die Kapitelle des Tempels haben zwei Reihen von Akanthusblättern, und sein Abakus ist mit übergroßen Fleuronen in Form von Hibiskusblüten mit ausgeprägten spiralförmigen Stempeln verziert. Die Säulennuten haben flache Oberseiten. Der Fries zeigt zwischen Bucrania hängende Fruchtknospen. Über jedem Fruchtknoten befindet sich eine Rosette. Das Gesims hat keine Modillionen.

Die Ruine macht inmitten immergrüner Berge und schäumender Wasserfälle einen höchst malerischen Eindruck; der Unterbau erhebt den Tempel soweit, um seine schönen Proportionen von allen Seiten wahrnehmen zu lassen. Das Bild wird noch erhöht durch das griechische Ansehen der Formen. Visconti ergänzt die oben erwähnte Inschrift folgendermassen: Aedem. Vestae S(enatus). P(opulusque). T(iburtinus). Pecunia. Publica. Restituit. Curatore. L. Gellio. L. F. und nimmt somit den L. Gellius, der im Jahr 72 v. Chr. (682 nach Erb. d. St.) Konsul und später Prokonsul in Griechenland war, als Erbauer des Tempels an, wodurch auch die Mitwirkung griechischer Architekten erklärt werden könnte.

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Verschiedene Fragmente restauriert nach Auguste Ancelet.

Der vergleichsweise gute Zustand des Tempels ist auf seine Christianisierung als Kirche, „Santa Maria della Rotonda“, zurückzuführen. Die christlichen Veränderungen sind bereits im 16. Jahrhundert verschwunden.

Quelle:

  • Album des klassischen Altertums: zur Anschauung für Jung und Alt besonders zum Gebrauch in Gelehrtenschulen von Hermann Rheinhard, Professor am K. Realgymnasium in Stuttgart. Verlegt von C.B. Griesbach Verlag, Gera 1891.
  • Finden’s Illustrationen des Lebens und der Werke von Lord Byron. Mit … Informationen zu den Themen der Stiche von William Brockedon. Graveur: Edward Francis Finden. London: J. Murray, 1833-34.
  • Fragments d’architecture antique, d’après les relevés & restaurations des anciens pensionnaires de l’Académie de France à Rome by Hector d’Espouy, (1854-1928). Paris, C. Massin, 1905.

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