Historische Tracht aus dem Mittelberger Tal in Vorarlberg.
Historische Tracht aus dem Mittelberger Tal in Vorarlberg. Hüte, Pelzhauben und Fatzelkappen der österreichischen Alpenländer.
Einen interessanten Beitrag zur Geschichte der Tracht in den österreichischen Alpenländern bietet das unter Nr. 1 abgebildete Kostüm, das aus dem Mittelberger Tal in Vorarlberg stammt und dem Ende des 18. Jahrhunderts angehört. Wir sehen hier den vollen ungebrochenen Einfluss der allgemeinen Mode in den letzten Decennien des 18. Jahrhunderts. Er äussert sich in dem frackartigen Schnitt des langen, aus braunem Tuche verfertigten Rockes, dem dreispitzigen Pilzhut, der schwarzen Hose, bis zu dieser die Strümpfe hinaufreichen, und den Schuhen.
Eine eigentümliche Rolle ist bei diesem Kostüm der Weste aus hochrotem Tuch zugewiesen. Sie ist so eng, dass sie nur wenig hinter dem Rock hervortritt und vorn sich nicht schliessen lässt. Dieses Kleidungsstück setzte sich eben in einen zunächst unlösbaren Widerspruch mit zwei älteren alpinen Trachtenmotiven, an denen man festhält, so sehr man auch dem Wechsel der Mode folgte, nämlich dem Hosenträger und dem Gürtel. Der erstere ist mit Seidenstickerei, der letztere mit Metallknöpfen auf buntem Grund verziert.
Zu den eigenartigsten Bestandteilen der Frauentracht in Tirol gehören die sogenannten »Fatzelkappen« (Nr. 2—7), die nunmehr auch schon auf den Aussterbeetat gesetzt sind. Diese schweren Hauben, die kegelförmige Gestalt haben und manchmal zu respektabler Höhe ansteigen, sind aus dunkelblauer oder weisser Wolle mit geschlossenen oder aufgeschnittenen Noppen gestrickt. Weisse Fatzelkappen (Nr. 2—4) liebten die Bäuerinnen um Meran und Sterzing, im Vinschgau und Passeier; die blauen die von Ulten, Stubei, Gröden, Oetz- und Pitztal, vom Bregenzerwald, aus der Gegend von Innsbruck und vom Angerberg im Unterinntal (vergl. Egger, Die Tiroler und Vorarlberger, p. 327, im vierten Bande der »Völker Österreich-Ungarns«, Wien und Teschen 1882).
Nr. 5, schwarz-blau mit blauer Masche, stammt aus Kastelruth, Nr. 6, mit weissen Noppen durchzogen, aus dem Gerichtsbezirk Enneberg, Nr. 7, ebenfalls mit weissen Fäden, aus Villnöss-Gudifaun.
Neben den Hüten und Fatzelkappen bilden eine dritte Gattung von weiblichen Kopfbedeckungen in den österreichischen Alpenländern die Pelzhauben. Sie sind Reste einer in früheren Jahrhunderten in Deutschland allgemein verbreiteten Mode. Nr. 8 aus Laas in Tirol; Nr. 9 lehrt die ältere, Nr. 10 die jüngere Form der Ischler Hauben kennen; bei der letzteren ist der über den Kappendeckel weit hinausragende Halbkreis fast ganz verkümmert. Gemeinsam ist diesen Hauben die Verzierung der Scheitelhöhe mit Gold-Plättchen und Fäden.
Die Hüte Nr. 11 und 12 schliessen sich den auf Tafel 17 abgebildeten an. Nr. 11 stammt aus Kastelrut, Nr. 12 aus dem Sarntal.
Nr. 1 ausgestellt durch den Museumsverein für Vorarlberg, Nr. 2—4, 11 und 12 Eigentum des Herrn J. Salzer, Nr.6—10 des Herrn Hofsekretär Schemfil.
Quelle: Die Costüm-Ausstellung im K. K. Österreichischen Museum, 1891. Ihre wichtigsten Stücke, ausgewählt und beschrieben von Dr. Karl Masner. Karl Masner; Julius Löwy; K.K. Österreichisches Museum für Kunst und Industrie. Wien: J. Löwy, 1894.
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