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Johann Georg Hamann. Deutscher Philosoph. Der „Magus des Nordens“.

Johann Georg Hamann, Philosoph, Romantik, Gegenaufklärung,
Johann Georg Hamann (der „Magus im Norden“ 1730-1788), deutscher lutherischer Philosoph aus Königsberg.

Johann Georg Hamann.

Geb. 27. Aug. 1730, gest. 21. Juni 1788.

Historisches Porträtwerk. Das Zeitalter der Französischen Revolution (1760-1810).

Johann Georg Hamann war ein deutscher lutherischer Philosoph aus Königsberg, bekannt als „der Magus des Nordens“, der zu den führenden Persönlichkeiten der postkantischen Philosophie gehörte. Sein Werk wurde von seinem Schüler J. G. Herder als Hauptstütze der Sturm und Drang-Bewegung verwendet und wird mit der Gegenaufklärung und der Romantik in Verbindung gebracht.

Johann Georg Hamann, als Sohn eines Wundarztes zu Königsberg in Preußen am 27. August 1730 geboren, wurde früh an ein strenges, von dem heiteren Verkehr mit Altersgenossen abgeschlossenes Leben gewöhnt und von verschiedenen Lehrern planlos in allerlei Kenntnissen unterrichtet. Seit 17 46 war er an der Universität seiner Vaterstadt fünf Jahre lang zuerst als Theologe, dann nach dem Wunsch der Eltern als Jurist inskribiert (immatrikulieren), widmete sich aber fast ausschließlich der Philologie und den schönen Wissenschaften.

Nach Abschluß seiner Universitätsstudien führte er ein unstetes Leben, bald auf kurze Zeit als Hauslehrer thätig, bald ohne Beschäftigung an verschiedenen Orten. So bekleidete er im Winter 1752/53 ein halbes Jahr lang eine Hofmeisterstelle *) in Livland im Hause einer Baronin von Budberg, lebte dann einige Zeit in Riga, machte hierauf einen neuen Versuch als Hauslehrer bei dem General von Wittert auf Grünhof in Kurland, um sich im Sommer 1755 wieder nach Riga zu begeben, wo er, von einem Kaufmann Berens freundschaftlich aufgenommen, Handelswissenschaft und Politik studierte. Nachdem er noch einmal zu kurzem Aufenthalt in das Wittensche Haus nach Grünhof zurückgekehrt war, wo er eine handelspolitische Schrift von Dangeuil übersetzte und mit einigen selbständigen guten Bemerkungen als „Beilage“ versah. trat er 1756 im Auftrag des Berensschen Handlungshauses eine Reise über Berlin, Lübeck und Amsterdam nach London an. Allein der übernommenen Mission keineswegs gewachsen, geriet er in London aus Unkenntnis der Welt in schlechte Gesellschaft. Voll Reue und Verzweiflung darüber suchte er Trost und Beruhigung in der Bibel und legte dadurch den Grund zu der mystisch-pietistischen Richtung, die sein ganzes späteres Leben beherrschte.

*) Ein Hofmeister gehörte zu den höchsten Ämtern an den Höfen deutscher Kaiser und Könige und existierte auch an anderen Fürstenhöfen und kleineren Herrscherhäusern. Im mittelalterlichen Europa, innerhalb des Heiligen Römischen Reiches, war ein Hofmeister (wörtlich „Hausmeister“ auf Deutsch; lateinisch: Magister, Praefectus curiae; dänisch: hofmester, hovmester, schwedisch: hovmästare, tschechisch: hofmistr, polnisch: ochmistrz; französisch: précepteur; italienisch: precettore / istitutore) ein Beamter, der als Helfer des Königshauses oder eines hochrangigen Adligen oder Klerikers fungierte. Später wurde es ein Begriff für einen Schulmeister, der sich neben der Ausbildung auch um das Wohl der Schüler kümmerte.

Nach seiner Rückkehr 1758 lebte Hamann wieder zu Riga im Berensschen Hause, schied aber infolge von Differenzen 1759 aus demselben und ging zu seinem Vater nach Königsberg, wo er einige Jahre in glücklicher Muße sich mit Theologie und Philosophie, der alten Literatur und den orientalischen Sprachen befaßte. Auch als Schriftsteller trat er in dieser Periode auf; so erschienen von ihm 1759 „Sokratische Denkwürdigkeiten für die Langeweile des Publikums“ und 1762 „Kreuzzüge des Philologen“, worin er u. a. gegenüber Mendelssohn für Rousseau eintrat und, wie später noch öfter, die nicht an eine Schablone gebundene Originalität des Genies verfocht. Einen Bestandteil der „Kreuzzüge“ bildet auch die „Aesthetica in nuce“, vielleicht die bedeutendste Schrift Hamanns, die für die Kenntnis seiner ästhetischen Ansichten sehr wichtig ist und bereits die Keime der späteren Ausführungen Herders, mit dem Hamann fortan in regem Briefwechsel stand, enthält: er sah die Volkspoesie für die Quelle alles wahrhaft dichterischen Lebens an, auf die jede Kunstdichtung zurückgehen müsse.

Durch die Verhältnisse genötigt, an eigenen Erwerb zu denken, trat er 1763 als Kopist bei der Kriegs- und Domänenkammer in Königsberg ein, gab aber diese mechanische Tätigkeit schon nach einem halben Jahre wieder auf und stellte sich 1765 einem Advokaten Tottien in Mitau als Gehilfe zur Verfügung. Der Tod seines Vaters trieb ihn zu Anfang des Jahres 1767 nach Königsberg zurück, wo er seitdem sich und die Familie, die ihm aus seiner „Gewissensehe“ erwuchs, in subalternen Stellen, zuerst durch Kants Vermittlung als Übersetzer bei der neuen Accise-Direktion und seit 1777 als Packhofverwalter mit etwas besserem Einkommen zu erhalten suchte.

Dieser Zeit gehören, um nur einige Titel zu nennen, an: „Des Ritters von Rosenkreuz letzte Willensmeinung über den göttlichen und menschlichen Ursprung der Sprache“ (1772), „Prolegomena über die neueste Auslegung der ältesten Urkunden des menschlichen Geschlechts“ (1774), beide durch Arbeiten Herders hervorgerufen, „Versuch einer Sibylle über die Ehe“ (1775), „Golgatha und Scheblimini“ (1784). Aus der Sorge um die Zukunft seiner Kinder befreite ihn 1784 das großmütige Geschenk eines unbekannten Gönners, Franz Buchholtz bei Münster. Um diesen zu besuchen, reiste er 1787, nachdem er seinen Dienstabschied erhalten, nach Westfalen und hielt sich seitdem abwechselnd in Düsseldorf bei dem ihm befreundeten F. H. Jacobi und in Münster auf, wo er am 21. Juni 1788 starb und im Garten der ihm geistesverwandten Fürstin Gallitzin seine letzte Ruhestätte fand.

Hamann, der „Magus im Norden“, wie er treffend bezeichnet wurde, war ein wunderliches Original, voll Vorliebe fürs Bildliche, Dunkle, Geheimnisvolle, für biblische und symbolische Darstellung. Sein Stil, hastig und abgerissen, war ein treues Abbild seiner oft tiefsinnigen und geistreichen Gedanken, die er aber nicht in klarem Zusammenhang, sondern sprungweise und aphoristisch vortrug. Da zudem seine Publikationen, die meist den Umfang von zwei Bogen nicht überschritten, von persönlichen und örtlichen Beziehungen sowie von Anspielungen auf seine massenhafte Lektüre strotzten, so verstand er oft später selbst nicht mehr, was er hatte sagen wollen. Aus der Tiefe eines religiösen Gemütes schöpfend, suchte er die herrschende seichte Aufklärung dadurch zu bekämpfen, daß er ihr die Offenbarung als die lebendige Einheit von Schrift, Natur und Geschichte gegenüberstellte und von diesem Gesichtspunkte aus alle wesentlichen Gegenstände des menschlichen Lebens behandelte. Dadurch trug er mittelbar bei, daß die Literatur auf größere Innigkeit und Tiefe gedrängt wurde, und Männer wie Herder, Goethe, der sogar eine Herausgabe der Schriften Hamanns plante, Jean Paul, Jacobi versagten ihm ihre Anerkennung nicht.

JOHANN GEORG HAMANN (1730-1788). – Radierung von Joh. Friedr. Lips (Zürich 1758-1817).

Quelle: Historisches Porträtwerk. Das Zeitalter der Französischen Revolution (1760-1810). Nach Auswahl von Dr. Woldemar von Seudlitz. Mit biographischen Daten von Dr. H. Tillmann und Dr. H. A. Lier. München 1896. Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft vormals Friedrich Bruckmann.

Illustration, Krähen, Schwarm, Vögel

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