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Moses Mendelssohn deutsch-jüdischer Philosoph der Aufklärung.

Moses Mendelssohn war ein deutsch-jüdischer Philosoph, dessen Ideen die Haskalah, die „jüdische Aufklärung“ des 18. und 19. Jahrhunderts, zu verdanken ist. Die Haskalah, oft auch als jüdische Aufklärung (hebräisch: השכלה; wörtlich „Weisheit“, „Gelehrsamkeit“) bezeichnet, war eine intellektuelle Bewegung unter den Juden Mittel- und Osteuropas, mit gewissem Einfluss auf jene in Westeuropa und der muslimischen Welt. Sie entstand als definierte ideologische Weltanschauung in den 1770er Jahren, ihr letztes Stadium endete um 1881 mit dem Aufkommen des jüdischen Nationalismus.

Moses Mendelssohn, Lessing, Lavater, Moritz Oppenheim
Lessing und Lavater zu Gast bei Moses Mendelssohn von Moritz Oppenheim 1856.

Eine deutsch-jüdische Begegnung, die so nie stattgefunden hat: Der Züricher Prediger Johann Kaspar Lavater (1741– 1801) und der Schriftsteller Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781) zu Besuch bei Moses Mendelssohn (1729–1786), so wie Moritz Daniel Oppenheim es sich in seinem Gemälde aus dem Jahr 1856 vorstellte. Links am Tisch sitzend ist Mendelssohn dargestellt, rechts Lavater, hinter dem Tisch stehend Lessing. Mendelssohns Frau Fromet tritt im Hintergrund rechts mit einem Tablett ins Zimmer, um die Gäste zu bewirten. Mit deutlicher Zeichensprache demonstriert das Bild, wie weit Mendelssohn – als Gastgeber zweier prominenter Christen – das jüdische Ghetto bereits hinter sich gelassen hat.

Aus: Ankunft in der Moderne: Aufklärung und Reformjudentum von Eberhard Wolff

Geboren in einer armen jüdischen Familie in Dessau, Fürstentum Anhalt, und ursprünglich für eine rabbinische Laufbahn bestimmt, bildete sich Mendelssohn in der deutschen Geisteswissenschaft und Literatur aus und wurde durch seine Schriften über Philosophie und Religion von den christlichen und jüdischen Bewohnern des deutschsprachigen Raums und darüber hinaus als eine führende kulturelle Persönlichkeit seiner Zeit angesehen. Er etablierte sich auch als wichtige Figur in der Berliner Textilindustrie, die die Grundlage für den Wohlstand seiner Familie bildete.

Moses Mendelssohn,
Moses Mendelssohn, deutsch-jüdischer Philosoph 1729-1786

Moses Mendelssohn.
Geb. 6. Sept. 1729, gest. 4. Jan. 1786.

Moses Mendelssohn, als Sohn eines armen jüdischen Lehrers in Dessau am 6. September 1729 geboren, bekundete schon als Knabe einen unstillbaren Wissensdurst, zog sich aber durch übermäßige geistige Anstrengung eine heftige Nervenkrankheit zu, die für sein ganzes Leben eine große Nervenschwäche und eine mit den Jahren zunehmende Krümmung des Rückgrates hinterließ. Schon zu Dessau in das Studium der Bibel, des Talmud und der wichtigeren Erklärer eingeführt, ging er im Alter von vierzehn Jahren nach Berlin, wo er, in bitterer Armut lebend, mit großer Mühe die deutsche Schriftsprache sowie Lateinisch, Französisch und Englisch lernte und sich mit Mathematik und Philosophie beschäftigte. Seine Not hatte ein Ende, als ihm 1750 ein reicher Seidenwarenfabrikant in Berlin, Isaak Bernhard, die Erziehung seiner Kinder übertrug; vier Jahre darauf übernahm er in dessen Geschäft die Stelle eines Buchhalters und später als Faktor und Kompagnon sogar die Leitung der Fabrik, die er auch bis an seinen Tod beibehielt.

Neben der geschäftlichen Tätigkeit vernachlässigte aber Mendelssohn keineswegs seine Studien, die sich vorzugsweise auf die englischen Philosophen Locke und Shaftesbury sowie auf die deutschen Wolf und Leibniz erstreckten. Seit 1754 wurde er mit Lessing innig befreundet, der ihm später 1779 im »Nathan« ein Denkmal setzte; durch ihn hauptsächlich ließ sich Mendelssohn bewegen, für weitere Kreise zu schreiben, nachdem er schon vorher eine, von den Rabbinern allerdings gleich wieder unterdrückte, moralische Wochenschrift in hebräischer Sprache herauszugeben versucht hatte.

Lessing, Lavater, Moses, Mendelssohn, Katzenstein,
Lessing und Lavater bei Moses Mendelssohn. Nach einem Original Gemälde von Louis Katzenstein.

Sein deutsches Erstlingswerk waren vier »Philosophische Gespräche«, die Lessing 1755 ohne sein Wissen veröffentlichte. Daran schlossen sich noch im gleichen Jahre ästhetische »Briefe über die Empfindungen« sowie eine mit Lessing gemeinsam bearbeitete Schrift »Pope ein Metaphysiker« Auch mit Abbt und Nicolai trat Mendelssohn in enge Verbindung und nahm durch Aufsätze und Kritiken tätigen Anteil an der vom letzteren begründeten »Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freien Künste« sowie an dessen »Allgemeiner deutscher Bibliothek«; ebenso hat er für die mit Lessing und Nicolai seit 1759 gemeinschaftlich herausgegebenen »Briefe, die neueste deutsche Litteratur betreffend« außerordentlich zahlreiche Beiträge geliefert.

Nachdem er 1763 mit der namentlich wegen ihrer gleichmäßigen und sorgfältigen Durchführung und ihres blendenden Stils von der Berliner Akademie preisgekrönten »Abhandlung über die Evidenz in metaphysischen Wissenschaften« – Kant und Abbt waren unterlegen – sich auf das religionsphilosophische Gebiet begeben hatte, folgte 1767 sein viel bewundertes und am meisten gelesenes Werk »Phädon oder über die Unsterblichkeit der Seele, in drei Gesprächen«, eine völlig freie Bearbeitung des gleichnamigen Platonischen Dialogs. Um seine Glaubensbrüder nahm er sich jederzeit warm an; dazu suchte er sie durch seine Übersetzungen des Pentateuchs, der Psalmen und des Hohen Liedes mit der rein deutschen Sprache und dem deutschen Geistesleben überhaupt bekannt zu machen.

Für die preußische Regierung bearbeitete er 1778 die »Ritualgesetze der Juden« über Erb- und Eherecht, veranlaßte 1781 Christian Wilhelm Dohm zur Abfassung seines epochemachenden Werkes »Über die bürgerliche Verbesserung der Juden« und stellte sich in seiner 1783 erschienenen Schrift »Jerusalem oder über religiöse Macht und Judentum«, worin er unbedingte Trennung von Staat und Kirche forderte, auf die freieste Höhe der Welt- und Religionsbetrachtung. Doch hielt er trotz Lavaters Bekehrungsversuches streng am konfessionellen Judentum fest und hatte eine solche Abneigung gegen den Pantheismus und Atheismus, daß er noch kurz vor seinem Tode in seinen »Morgenstunden oder Vorlesungen über das Dasein Gottes« (1785) die Spinozisten bekämpfte.

Als gleichzeitig Friedrich Heinrich Jacobi in seiner Publikation »Über die Lehre des Spinoza« den 1781 verstorbenen Lessing als Anhänger dieser Richtung erklärte, geriet Mendelssohn in solche Aufregung, daß er nichts Eiligeres zu tun hatte, als jene Beschuldigung durch eine Schrift »An die Freunde Lessings« energisch zurückzuweisen. Allein den Druck derselben erlebte er nicht mehr; schon am 4. Januar 1786 erlag er einem Schlagfluß. Er ward selbst von seinen philosophischen Gegnern aufrichtig betrauert.

Mit Mendelssohn war der edelste und zugleich einer der gefeiertsten Vertreter der deutschen Aufklärungsphilosophie dahingegangen. Er wirkte vor allem durch eine meisterhafte stilistische Form, einen klaren Vortrag, den warmen Ton der Überzeugung. Neue, bahnbrechende Ideen hat er nicht produziert; er stand vielmehr ganz auf den Schultern seiner Vorgänger, namentlich eines Leibniz und Wolf, deren Philosophie er zum Gemeingut aller Gebildeten zu machen suchte. Als jüdischem Schriftsteller gebührt ihm das Verdienst die Emanzipation seiner Glaubensgenossen in Deutschland angebahnt zu haben.

Zu seinen Nachkommen gehören die Komponisten Fanny und Felix Mendelssohn, Felix‘ Sohn, der Chemiker Paul Mendelssohn Bartholdy, Fannys Enkel Paul und Kurt Hensel sowie die Gründer des Bankhauses Mendelssohn & Co.

J. C. Frisch PinX. J. G. Müller sc.

Quelle: Historisches Porträtwerk. Das Zeitalter der Französischen Revolution (1760-1810). Nach Auswahl von Dr. Woldemar von Seudlitz. Mit biographischen Daten von Dr. H. Tillmann und Dr. H. A. Lier. München 1896. Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft vormals Friedrich Bruckmann.

Illustration, Krähen, Schwarm, Vögel

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