Johann Joachim Winckelmann deutscher Kunsthistoriker und Archäologe.
Johann Joachim Winckelmann war ein deutscher Kunsthistoriker und Archäologe. Sein persönlicher Werdegang und seine Schriften zeugen von der Internationalisierung der künstlerischen Bewegungen im Europa des 18. Jahrhunderts und ihrer entscheidenden Rolle bei der Entstehung einer neuen Kunstauffassung, dem Neoklassizismus.
Er war ein bahnbrechender Hellenist, der erstmals den Unterschied zwischen griechischer, griechisch-römischer und römischer Kunst artikulierte. Winckelmann war einer der Begründer der wissenschaftlichen Archäologie und wandte die Stilkategorien erstmals auf breiter, systematischer Basis auf die Kunstgeschichte an. Viele halten ihn für den Vater der Disziplin der Kunstgeschichte. Er war einer der ersten, der die griechische Kunst in Perioden und zeitliche Zuordnungen einteilte.
Sein Einfluss war entscheidend für den Aufstieg der neoklassischen Bewegung im späten 18. Jahrhundert. Er ließ die Utopie einer auf Ästhetik gegründeten hellenischen Gesellschaft aus dem altgriechischen Ideal der kalokagathia, d.h. der Erziehung zu Schönheit und Tugend, unter Bezugnahme auf den neoklassischen Geist wieder auferstehen und war damit einer der großen Theoretiker der Bewegung.
Seine Schriften beeinflussten nicht nur eine neue Wissenschaft der Archäologie und Kunstgeschichte, sondern auch die westliche Malerei, Bildhauerei, Literatur und sogar die Philosophie. Winckelmanns Geschichte der antiken Kunst (1764) war eines der ersten in deutscher Sprache verfassten Bücher, das zu einem Klassiker der europäischen Literatur wurde. Sein späterer Einfluss auf Lessing, Herder, Goethe, Hölderlin, Heine, Nietzsche, George und Spengler wurde provokativ als „die Tyrannei Griechenlands über Deutschland“ bezeichnet.
Winckelmann war homosexuell, und offene Homoerotik prägte seine Schriften zur Ästhetik. Dies wurde von seinen Zeitgenossen, wie z. B. Goethe, durchaus zur Kenntnis genommen.
Johann Joachim Winckelmann
Geboren 9. Dezember 1717; gestorben 7. Juni 1768.
Winckelmann wurde am 9. Dezember 1717 als Sohn eines armen Schuhflickers zu Stendal geboren und mit Unterstützung einiger Wohlhabender auf der lateinischen Schule seiner Vaterstadt erzogen, deren Rektor Tappert sich seiner auf das wärmste annahm und ihm die Aufsicht über die Schulbibliothek übertrug. Am meisten zog ihn die Lektüre der griechischen Schriftsteller an.
In der Hoffnung, seine griechischen Studien besser fördern zu können, als dies in Stendal möglich war, wande er sich im März 1735 nach Berlin, wo er das kölnische Gymnasium besuchte und seinen Unterhalt als Erzieher der Kinder des Rektors Bake verdiente. Von Berlin aus begab er sich im Jahre 1736 nach Salzwedel, wohin ihn der Ruf der ausgesuchten Bibliothek des Gymnasialrektors Scholle lockte. Doch sah er sich hier ebenso wie wie in Berlin in seinen Erwartungen getäuscht und kehrte deshalb nach Stendal zurück, das er im Jahre 1738 wieder verließ, um die Universität Halle zu beziehen und Theologie zu studieren. Da ihn aber die Beschäftigung mit dieser Wissenschaft keine Befriedigung gewährte, wurde er ein lässiger Besucher der Vorlesungen.
Nachdem er, durch seine Mittellosigkeit gezwungen, für kurze Zelt eine Hauslehrerstelle bei dem Rittmeister von Grollmann auf Osterburg bekleidet hatte, versuchte er es ein Jahr lang in Jena mit dem Studium der Medizin und Mathematik. Auf der Reise nach Berlin begriffen, erhielt er zufällig das Anerbieten, beim Oberamtmann Lamprecht zu Hadmersleben bei Halberstadt als Hauslehrer einzutreten.
Längere Zeit als hier weilte er zu Seehausen, wo ihm im April 1743 das Konrektorat am Gymnasium übertragen wurde. Obwohl er mit großer Treue sein Amt verwaltete, fühlte er sich in Seehausen nicht wohl, da seine Sehnsucht nach dem Schönen und seine Begeisterung für das Altertum keine Nahrung fand und sein Verhältnis zu dem ihm vorgesetzten Ephorus Schnackenburg von Tag zu Tag unerquicklicher wurde. Es erschien ihm daher als eine Erlösung, als ihn im Jahre 1748 der sächsische Minister Graf Bünau an seine Bibliothek nach Nöthenitz bei Dresden berief, um ihn als Hilfsarbeiter für seine Studien fur die neuere Geschichte zu benutzen. Sechs Jahre lang arbeitete er für Bünau an dem Katalog der Bibliothek und brachte „einen ganzen Schiebkarren voll Auszüge“ für dessen Reichsgeschichte fertig.
Auf die Dauer befriedigte ihn diese Tätigkeit auch nicht mehr. Seitdem Ihn der päpstliche Nuntius Archinto auf Italien als auf das Land hingewiesen hatte, wo er seine philologischen Studien mit Erfolg würde betreiben können, wurde die Sehnsucht nach Italien so stark ihn ihm, daß er sich nach längerem Bedenken entschloß, im Jahre 1754 zur katholischen Kirche überzutreten.
Am 1. Oktober 1754 legte er seine Stelle beim Grafen Bünau nieder und siedelte nach Dresden über, um sich in den dortigen Sammlungen für den Aufenthalt in Italien vorzubereiten. Reiche Anregung gewährte ihm der Verkehr mit dem feingebildeten Christian Ludwig von Hagedorn, der als Kenner und Sammler von Gemälden großes Ansehen genoß. Auch zu Lippert, dem Verfasser der Dactyliothek, fühlte er sich hingezogen; am meisten Einfluß und gewann der Maler und Bildhauer Öser auf ihn. Er zog zu ihm ins Haus, übte sich unter seiner Leitung im Zeichnen und erörterte mi ihm auf das eingehendste die Meisterwerke der Dresdner Galerie.
Aus ihren Unterhaltungen erwuchs im Jahr 1755 die erste Schrift Winckelmanns, die „Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst“. Er widmete dieselbe dem Kurfürsten von Sachsen und erhielt durch Vermittlung des Parters Rauch eine jährliche Pension von 200 Talern zugesichert. Kaum in den Besitz derselben gelangt, machte er sich auf die Reise und traf, ohne unterwegs einen längeren Aufenthalt zu nehmen, am 18. November 1755 an Rom ein. Hier entschied er sich, ganz dem Studium der Kunst zu leben, und schlug deshalb eine ihm angebotene geistliche Pfründe aus.
Er wurde die rechte Hand des Kardinals Alessandro Albani, eines leidenschaftlichen Kunstfreundes und Sammlers, dessen Bauten und Ausgrabungen er beaufsichtigte, und dessen Ankäufe von Kunstwerken er besorgte. Unter den römischen Malern trat ihm besonders Raphael Mengs nahe. Wie mit Öser besprach er mit ihm alle Erscheinungen der Kunst. Bald wurde eine so vollständige Übereinstimmung in ihren Anschauungen erzielt, daß es schwer wird, den Einfluß des einen auf den anderen genauer zu bestimmen.
Schon im Jahre 1746 faßte Winckelmann den Plan, ein Werk über den Geschmack der griechischen Künstler zu verfassen. Er begann mit einer Beschreibung der Statuen im Belvedere und zeichnete dann seine Gedanken über die Ergänzung derselben auf. Hierauf beschäftigte ihn die Erklärung einiger den schwieriger Punkte in der Mythologie und in der Altertumskunde, sowie der Entwurf einer Schrift, über die Kunst vor den Zeiten des Phidias. Besonders wichtig wurden seine Berichte über die Ausgrabungen zu Herculaneum und Pompeji.
Seine erste größere Arbeit in Rom aber waren die „Anmerkungen über die Baukunst der Alten“. Sie erschienen im Jahre 1762 und enthielten den Hinweis auf die Bseutung der griechischen Kunst, welche er an dem Tempel von Pästu, studiert hatte. Am meisten beschäftigte Winkelmann sein „Geschichte der Kunst des Altertums“. Sie wurde immer und immer wieder umgeschrieben und konnte daher erst im Jare 1764 zu Dresden an den Tag treten.
Obwohl Winkelmann in Rom nur wenig echte Arbeiten griechischer Künstler aus älterer Zeit sehen konnte, gab er dennoch in diesem Werk ein im wesentlichen Wesentlichen richtiges Bild vom Gang der griechischen Kunstgeschichte und eröffnete eine Menge fruchtbarer Gesichtspunkte für die Betrachtung des gesamten Altertums.
Auf die Kunstgeschichte folgte im Jahre 1766 der mißlungene »Versuch einer Allegorie, besonders für die Kunst“. Unter Aufopferung seiner geringen Einkünfte brachte Winkelmann im Jahre 1867 das vorzüglich ausgestattete Prachtwerk der „Monumenti antichi inediti“ zustande, das Otto Jahn als das Fundamentalwerk der archäologischen Hermeneutik und Kunstmythologie und als ein noch heute unentbehrliches Hilfsmittel bezeichnet.
Winckelmann, der wiederholte Berufungen nach Deutschland ausgeschlagen hatte, wurde im Jahr 1763 zum Oberaufseher der Altertümer in und um Rom ernannt.Im Frühjahr 1768 trat er eine Reise nach Deutschland an, kam aber, von einer nicht zu bemeisternden Sehnsucht nach Italien befallen, nur bis Wien, wo er umkehrte. In Triest auf eine Schiffsgelegenheit wartend, lernte er einen gewissen Arcangeli kennen, der ihn am Morgen des 7. Juni 1768 aus Habsucht ermordete.
Gemälde von Anton von Maron 1768.
Quelle: Historisches Porträtwerk. Das Zeitalter der Französischen Revolution (1760-1810). Nach Auswahl von Dr. Woldemar von Seudlitz. Mit biographischen Daten von Dr. H. Tillmann und Dr. H. A. Lier. München 1896. Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft vormals Friedrich Bruckmann.
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